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Vormarsch der "Rainer" vom Isonzo an den Tagliamento: |
Aufbruch vom Isonzo:
Nach Ergänzung von Munitions- und
Verpflegsvorräten trat das Regiment zu Mittag des 31. Oktober
zum Marsch gegen Uccea an. Saga war durch Artillerie und
Trainkolonnen, stehengebliebene Geschütze und Fuhrwerke der
Italiener stark verstopft. Kaum eine Stunde vom Marschziel
entfernt, erhielt man Befehl, auf den Hum abzubiegen. Die
Italiener hatten hier eine verhältnismäßig gut erhaltene
Straße gebaut, doch war auch sie durch italienische Geschütze,
Fuhrwerke und sonstiges Kriegsmaterial verlegt, sodass man sich
einzeln durchwinden musste. Der Train hatte zurückbleiben
müssen und kam längere Zeit nicht mehr nach, sodass man von den
erbeuteten Vorräten und jenen des Landes leben musste.
Südöstlich am Stol (1673 Meter) ging es über einen 1450 Meter
hohen Sattel nach Sedula hinab. Nach zehneinhalb Stunden fast
ununterbrochenen Marsches fanden die Rainer im gut erhaltenen Ort
in einem italienischen Steinbarackenlager ein gutes Quartier.
Am ersten November überschritt man
bei günstigem Wetter den Matisone und damit die Grenze zu
Italien. Nach neuneinhalbstündigem Marsch wurde in Torlano
genächtigt. Am zweiten November wurde nach kurzem Marsch der
Raum Tarcento erreicht. Man war in der Ebene. Die Bevölkerung
war größtenteils geflüchtet, die Zurückgebliebenen erwiesen
sich als freundlich und entgegenkommend.An allen Fenstern hingen
weiße Tücher als Zeichen der Ergebung. In den Gassen der
Vororte waren Geflügel und Schweine in großer Zahl herrenlos
anzutreffen und verschwanden bald in den Kochkesseln.
Alles war froh und guter Dinge, war doch ein Rasttag angesagt.
Operationsziel Tagliamento
erreicht:
Man erfuhr, dass die vorderen Divisionen des Korps bereits am
Tagliamento standen. Das Operationsziel war also erreicht, doch
die alle Erwartungen übersteigende Niederlage der Welschen
ermunterte zu weiterem Vordringen in Feindesland. Um 11 Uhr
nachts wurde das Regiment alarmiert und rückte nach Gemona ab.
Weiter ging es nach Cespredalotto und dann wegen des am anderen
Ufer des Tagliamento stehenden Feindes still nach Venzone, das
noch vor Morgengrauen des dritten Novembers ohne Zwischenfall
erreicht wurde. Über Tag war jede Bewegung zu vermeiden, da der
Ort unter feindlichem Feuer lag. Im Verein mit der aus Karaten
vorgebrochenen 94. Division sollte die Edelweißdivision längs
des Tagliamento aufwärts marschieren, um den Hauptkräften das
Vorgehen über den hochwasserführenden, breiten Tagliamento zu
erleichtern. Der nach Eintritt der Dunkelheit angetretene
Weitermarsch war schwierig. Die Straße nach Piani lag ständig
unter dem Feuer der Geschütze des Werkes San Simeone.
Es musste deshalb ein knapp am Damm
des Tagliamento führender Feldweg benützt werden, ohne die
Aufmerksamkeit der am anderen Ufer liegenden
Maschinengewehrbesatzungen zu erregen. Die Steinbrücke über die
Fella bei Piani war vom Feinde gesprengt, von den technischen
Truppen zur Not passierbar gemacht worden, lag aber im
Wirkungsbereich von San Simeone und wurde zeitweise beschossen.
Auch dieses Hindernis konnte gruppenweise ohne Verluste
überwunden werden. Knapp vor Tageslicht wurde das Marschziel
Tolmezzo erreicht, eine im Frieden beliebte Sommerfrische, wo
sich neben guten Unterkünften auch große Mengen von
Verpflegungsvorräten befanden.
Italiener ziehen sich vom
Tagliamento zurück:
Man erfuhr, dass das italienische XII. Korps bereits den Rückzug
angeordnet hätte, das eigene I. Korps mit den Hauptkräften
beiderseits Cornino südwestlich Gemona übersetzt hatte. Die
teilweise zerstörte Tagliamentobrücke bei Tolmezzo wurde
gesichert, lag aber am Vormittag des 5. November unter
feindlichem Artilleriebeschuss. Gegen Mittag meldete ein
Überläufer den Abzug des Feindes. Das I. Bataillon der 4-er
Kaiserjäger rückte nach notdürftiger Herstellung eines
Überganges über die Tagliamentobrücke nach Südwesten ab, um
den Italienern den Rückweg zu verlegen.Die 14. Kompanie der
Rainer" sicherte während der Nacht auf den 6.
November den Raum Villa Santina nördlich des Tagliamento, die
13. überschritt nach Mitternacht über die notdürftig
hergerichtete Brücke bei Tolmezzo den Fluss und sicherte
flussaufwärts bei Madonna del Ponte vis-a-vis von Villa Santina
das Südufer, um hier den Bau eines Notsteges zu decken. Bei
dieser Aktion wurden neben einigen Gefangenen sechs leichte
Geschütze und ein 28 cm-Mörser eingebracht.
Mittlerweile hatte sich die Lage
für die Italiener im Knie des Tagliamento kritisch gestaltet.
Die erste Division hatte von Cornino aus bereits Meduno erreicht,
womit der Rückweg der Italiener nach Süden versperrt war. Im
Westen stand die 59. Gebirgsbrigade vor Tramonti und schickte
sich mit der Edelweißdivision an, den Rückzugsweg nach Westen
abzuschneiden. Ein Halbbataillon des IR Nr. 59 überschritt um
07.00 Uhr früh des 6. Novembers bei Socchieve den Tagliamento
über eine mehrfach gesprengte Brücke mit Hilfe provisorisch
verbundener Bretter. Der weitere Weg war äußerst mühsam, auch
musste einmal umgekehrt werden, da vorhandene Steige für die
Tragtiere nicht begehbar waren und mehrere Tragtiere verloren
gegangen waren. Noch nicht lange war man auf dem besseren Weg
nach dem Örtchen San Francesco, als ein 4-er Kaiserjäger mit
der Meldung vorbeikam, dass sich sein Bataillon bei Pozzis in
schwerem Kampf befinde und die Hochgebirgskompanie 33 bat, es
durch einen Vorstoß über den Monte Giaf zu entlasten. Unter
Voraussendung einer Patrouille rückte die Kolonne sofort gegen
Pozzis vor, wo der Feind inzwischen bereits zurückgegangen war.
Unterdessen entdeckte man eine andere feindliche Kolonne, die den
Osthang des Monte Giaf hinanstieg. Eben begannen die in San
Francesco rastenden Kaiserjäger sie zu beschießen, die
Rainer" eröffneten aus der Flanke das Feuer. Die
Welschen gerieten in große Verwirrung und ergaben sich - 800
Mann - den Kaiserjägern.
Das Gefecht bei Selva Piana:
Als das Halbbataillon in San
Francesco eintraf, erfuhr es aus den Gefangenenaussagen, dass
sich mehr als eine Brigade im Marsch vom Monte Giaf gegen Selva
Piana befand. Mittlerweile mussten die 7-er bereits dort
eingetroffen sein und konnten in eine böse Lage geraten. Den
Rainern" aber bot sich eine günstige Gelegenheit
nicht nur den Kameraden zu helfen, sondern auch durch Erscheinen
im Rücken des Feindes diesen in eine kritische Lage zu bringen.
Schon senkte sich der Abend des 6. Novembers, als die Kolonne die
Serpentinen zum Monte Giaf hinaufkeuchte. Noch schwieriger war in
der Dunkelheit der Abstieg über das wirr durcheinanderliegende
Geröll in das klammartige Canale di Cuna. Noch glimmten da und
dort Lagerfeuer, ein Beweis, dass der Feind hier vor kurzem
gerastet hatte. Von Selva Piana her scholl Infanterie-und
Maschinengewehrfeuer. Trotz Erschöpfung durch den langen
mühevollen Marsch wurden die Rainer" zur äußersten
Kraftanstrengung angespornt. Jeder fühlte, dass ein großer
Erfolg winkte. Zahlreiche Italiener ergaben sich. Ihre Zahl
schwoll auf 1000 an, sodass die nur 60 Gewehre zählende 7-te zur
Bewachung zurückgelassen werden musste.
Endlich weitete sich das enge Tal.
Vor dem Ausgang lag ein kleiner Höhenrücken, den der Feind in
Eile besetzt hatte. Eine eigene Vorpatrouille wurde gegen
Mitternacht plötzlich beschossen. Eine zweite führte die linke
Seitenhut aber so geschickt und leitete das Feuer so gut, dass
sich die Vorpatrouille und hinter ihr die 8. Kompanie bis dicht
an den Feind heranarbeiten konnte. Acht Maschinengewehre wurden
in Stellung gebracht. So konnte man einem eventuellen feindlichen
Angriff beruhigt entgegensehen. Andererseits verbot sich ein
eigenes Vorgehen bei der Schwäche der eigenen Streitkraft. Um
den zurückgebliebenen 7-ern und dem Feind anzuzeigen, dass die
Italiener eingeschlossen waren, wurden zwei weiße Leuchtraketen
abgeschossen. Der Gegner antwortete mit einem heftigen aber
wirkungslosen Feuer. Aber auch die eigene Lage war nicht
beneidenswert. Ein beherzter Führer hätte die Gefangenenwachen
leicht überwältigen und die zahlenmäßig weit unterlegenen
Rainer" überrennen können. Jedenfalls wurden starke
Wachen aufgestellt und der Morgen des 7. Novembers abgewartet.
Bei Morgengrauen wollte Obstlt. Schad nach einem Feuerüberfall
vorstoßen. Doch noch vor Beginn streckte der völlig entmutigte
Feind die Waffen. Ein General und ein Oberst ergaben sich mit
4800 Mann und 75 Offizieren sowie 100 Tragtieren und
unübersehbarem Material. Mit dem Verlust nur weniger
Leichtverwundeter war eine ganze Brigade samt Artillerie- und
Kavallerieabteilung gefangen worden.
Guten Mutes sah man nun dem weiteren Geschehen entgegen.
(Bericht von
Kurator HR DI Hans Richter in Anlehnung an das Regimentsbuch des
Infanterieregimentes Nr. 59 "Erzherzog Rainer")