Südtirol
und der immerwährende Kampf um
Selbstbestimmung:
Das
Opfer war nicht vergebens
gewesen:
Die
ersten italienischen Truppen
hatten Bozen mit aller
Höflichkeit betreten. Die Herren
italienischen Offiziere, in dem
Trubel des Aufbruches und der
Heimkehr kaum zur Kenntnis
genommen, hatten sich den
österreichischen Offizieren
gemäß den Bestimmungen des
Waffenstillstandsabkommens als
Besatzungsmacht und nicht als
Eroberer vorgestellt. Sie seien
gekommen, um Ruhe und Ordnung
aufrechtzuerhalten und
Plünderungen hintan zu halten.
Österreichische Offiziere hatten
noch Quartiere geräumt, um
höflicherweise den italienischen
Kollegen eine anständige Bleibe
zu bieten.
Kaum hatten die letzten
deutschösterreichischen
Regimenter Tirol verlassen,
rückten italienische Truppen
durch das Pustertal in Toblach
ein, drangen bis zum Brenner vor
und hissten die Tricolore.
Nun
konnte General Guglielmo
Pecori-Giraldi, Kommandant der 1.
italienischen Armee, die Katze
aus dem Sack lassen. In allen
Orten des Landes ließ er
folgende Proklamation anschlagen,
welche die künftige Annexion des
Landes durch Italien ankündigte:
Der italienische Staat,
fußend auf den Grundsätzen von
Freiheit und Gerechtigkeit, will
auf seinem Gebiet, wie in der
ganzen Welt, stark wissen das
Bewusstsein der
Unveränderlichkeit des neuerlich
erlösten Vaterlandes. Aber es
wird auch verstehen, seine
Bürger anderer Sprache mit
Gleichheit und Liebe zu
behandeln. Während Italien
seinen Geist und sein Recht auf
diesem Boden zu festigen
beabsichtigt, ist ihm fremd jede
Unterdrückung anderer Rassen und
Sprachen. Es will vielmehr in
brüderlichen Beziehungen zu
ihnen leben..."
Im
Sinne dieser
Brüderlichkeit"
begann Italien sofort, seinen
neuen auf imperialistische Weise
erworbenen Besitzstand für die
Zukunft zu festigen.
Es ist eine fromme Legende, dass
Südtirol erst unter den
Faschisten versklavt worden
wäre.
Sicherlich, die faschistische
Willkürherrschaft brachte die
grausamste Unterdrückung.
Die Entnationalisierung des
Landes begann aber schon mit dem
Ende des Krieges.
Nur drei Prozent Italiener lebten
1918 im Lande, zumeist Arbeiter,
die bei dem Bau der Brennerbahn
geholfen hatten und dann
unbehelligt im Lande geblieben
waren. 1921 waren es schon nahe
zu neun Prozent.
Dann begann das Martyrium unter
den Faschisten, gekrönt von dem
unseligen Aussiedlungsabkommen
zwischen Hitler und Mussolini.
Nach
1945, als eine halbherzige
österreichische Politik
Südtirol allzu schnell
abschrieb, setzte Italien die
Unterwanderung fort und siedelte
massenhaft Süditaliener im Lande
an, um endlich vollendete
Tatsachen zu schaffen. Als die
Italiener 1961 bereits 34,3
Prozent erreicht hatten und es
abzusehen war, wann sie die
Mehrheit im Lande erreicht haben
würden, trat zu dem politischen
Protest jener des gewaltsamen
Widerstandes, warf die
Unterwanderungspolitik auf den
Müllhaufen der Geschichte, zwang
Italien an den Verhandlungstisch
und erreichte das
Autonomie-Paket".
Sie
haben die Heimat geistig nie
übergeben:
Was
hatte die Südtiroler dazu
befähigt, jahrzehntelang einem
unerhörten Druck standzuhalten,
Folter, Kerker, faschistische
Gewaltherrschaft zu überstehen
und auch der kulturellen
Überfremdung nicht zu erliegen?
Es war dies das Beispiel der
Männer, die militärisch
unbesiegt, zwar die Besetzung
ihrer Heimat hinnehmen mußten,
die aber die Heimat dem Besatzer
geistig nie übergeben haben.
So
wie das Beispiel Andreas Hofers
und seiner Mitstreiter, so haben
auch die Helden von 1915 bis 1918
den Geist der nachfolgenden
Generationen geprägt und ihnen
den Stolz auf die Taten der
Väter und Großväter
vermittelt. Die Jüngeren unter
ihnen konnten noch jahrzehntelang
der nachfolgenden Jugend ein
leuchtendes Beispiel vorleben.
Sie organisierten in der
Faschistenzeit zusammen mit
anderen mutigen Männern und
Frauen den geheimen
Deutschunterricht in Kellern, in
Bauernstuben und im Walde. Sie
brannten die verbotenen Sonnwend-
und Herz-Jesu-Feuer ab. Sie
leisteten den zivilen Widerstand
gegen die Unterdrückung und die
Vernichtung des Volkstums. Sie
halfen nach 1945 tatkräftig mit,
das alte Schützenwesen nun als
geistiges Bollwerk - wieder
aufzubauen.
Ihr
Beispiel an Opfermut und
Heimatliebe wurde zu einem Teil
der Tiroler Identität. Die in
den Sechzigerjahren noch Lebenden
standen unwandelbar treu - so wie
der unvergessliche
Landeshauptmannstellvertreter
Hans Gamper an der Seite der
Nordtiroler Freiheitskämpfer der
Sechzigerjahre.
Wir
alle hoffen, dass in einem näher
zusammen rückenden Europa die
Zeiten gewaltsamer Versuche,
Volksgruppen durch Unterwanderung
und Beseitigung ihrer Kultur
auszulöschen, für immer der
Vergangenheit angehören. Wir
hoffen auch, dass nie wieder
unterdrückte Menschen gegen
solche Maßnahmen Widerstand
leisten müssen und damit in
Konflikt mit den staatlichen
Gesetzen kommen.
Heute geht es darum, die
errungenen Freiheitsräume für
die Wahrung des eigenen Kultur
und des Volkstums zu nützen.
Daraus
ergibt sich die Fragestellung:
Wie können in einer Welt, die
raschem Wandel unterworfen ist
und in der die ideologischen,
politischen und medialen Kräfte
zur Gleichhobelung aller Kulturen
stark sind, die zeitlosen Werte
bewahrt werden, die unser Sein
bestimmen? Was kann unter den
politischen Rahmenbedingungen des
heutigen Europa getan werden, um
das eigene Volkstum ebenso zu
erhalten wie das
grenzüberschreitende
Zusammengehörigkeitsgefühl mit
dem Vaterland Österreich?
Es erfüllt uns mit Freude, dass
eine ansehnliche Zahl junger
Südtiroler gültige Antworten
auf diese Fragen bereits heute
gefunden hat und danach lebt.
Nach
wie vor aber gilt das Wort, das
ein großer Sohn Tirols im
Gedenkjahr 1959 auf der
Martin-Teimer-Feier in Schlanders
aussprach und sich damit für
Jahre ein Einreiseverbot der
italienischen Regierung
einhandelte. Der damalige
österreichische
Südtirol-Staatssekretär,
Universitätsprof. Dr. Franz
Gschnitzer, ein unwandelbarer
Kämpfer für Südtirols Recht,
rief den Festgästen zu:
Das Vinschgau ist die Wiege
Tirols. Von hier aus ist unter
den Grafen von Tirol unser Land
geeint worden. Das Vinschgau ist
ein Kernstück Tirols. Es hat
echte Tiroler Gesinnung vielfach
bewährt, in höchster Not und
unter größten Opfern. Wenn es
gilt, Tirols Recht, Tirols Art,
Tirols Freiheit zu verteidigen -
die Vinschgauer stellten ihren
Mann. So war es 1809, so war es
1915 und so ist es heute.
Ein
Oberländer hat schon vor
zweieinhalb Jahrhunderten
ausgesprochen, worum es geht:
,Wir wölln uns selbst regieren!'
Tirol ist das Land im Gebirge,
und am Berg gelten zwei Regeln:
Die erste ruft der Tiroler dem
zu, dem er am Berg begegnet:
Derweillassen! Zeitlassen, sonst
geht einem der Atem aus!
Die zweite Regel heißt: Nit lugg
lassen! Aushalten, aushältig
sein. Schritt für Schritt
setzen, bedächtig, aber
beständig: So erreichen wir das
Ziel.
Man
heißt uns Tiroler bockbeinig,
harte Köpfe, grobe Klötze. Man
müsste auch andere Eigenschaften
aufzählen Eigenschaften,
die sich gerade in den Kämpfern
von 1809 verkörpern: Treue und
Anhänglichkeit, Mut und
Standhaftigkeit, aber auch
Besonnenheit und Klugheit,
Freiheitsliebe und Ehrgefühl,
Selbstbewusstsein und
Selbstzucht. Und auch unsere
gelästerte Hartnäckigkeit wird
in bedrohter Lage zur Tugend.
Wenn aber die Tiroler bedächtig,
hartnäckig und zäh sind, dann
seid ihr Vinschger als Urtiroler
es erst recht. Darum: Zeit
lassen! Nit lugg lassen, und
Tirol wird leben. Tirol lebe
hoch!"
Die
Südtiroler Gemeinden an
Wilson im Februar 1919
Die
Tiroler Wasserscheide waren
niemals Staats-, niemals
Volksgrenzen.
Die Sprachgrenze in Tirol ist
scharf gezogen , wie sie sich
kaum noch ein
zweites Mal in Europa findet.
Wenn der Wille eines Volkes für
seine Freiheit und
Unabhängigkeit
entscheidend ist, gibt es dann
eine glühendere Sprache, eine
feierlichere
Willenserklärung als jene, die
das Tiroler Volk mit den Waffen
in der
Hand gesprochen, mit seinem
eigenen Blute geschrieben hat?
Und nun soll unsere deutsche
Heimat mit ihrer tausendjähriger
Kultur und
Geschichte, dieses Volk mit
seinem angestammten Freiheitssinn
italienisch
werden? Ein einziger Aufschrei
tiefsten Schmerzes durchhallt bei
diesem
Gedanken das ganze Land! Es kann,
es darf nicht sein, daß man den
Namen
Tirol nach einer tausendjährigen
glänzenden Vergangenheit aus der
Geschichte löscht, die freien
Söhne dieses Berglandes unter
fremden Joch zwingt
und ihnen ihre Sprache, ihre Art
und Kultur raubt.
Seien Sie unserem Volkstum,
unserem Lande der gerechte
Richter, und das
Volk von Deutsch-Südtirol wird
ihren Namen von Geschlecht zu
Geschlecht
vererben als den Retter unserer
Heimat. Darum bitten sämtliche
Gemeinden Deutsch-Südtirols und
die zwölf ladinischen Gemeinden
von
Gröden, Enneberg, Buchenstein
und Fassa.
Deutsch-Südtirol, im Februar
1919
Dr.
Julius Perathoner Bürgermeister
von Bozen
Josef
Gemaßmer Bürgermeister
von Meran
Das Unfassbare geschah:
Von
Tirol und Steiermark wurde der
Süden ohne Volksbefragung
abgetrennt, Kärnten und
Niederösterreich verloren
wenigstens einige bedeutsame
Grenzstreifen, das Burgenland
aber kam nur als Ausschnitt aus
dem viel größeren
Deutsch-Westungarn an uns.
Gegenüber dem Deutschen Reich,
der Schweiz und Liechtenstein
blieb die alte Grenze aufrecht. Am
Reschen-Scheideck (1.500 m)
Zwischen Engadin und Vintschgau
beginnt die neue
"Wasserscheiden" Grenze
gegen Italien, die aus
militärischen und nationalen
Gründen beansprucht wurde; denn
die unleugbar vorhandenen
Südtiroler Deutschen seien nur
zu Unrecht gleichsam über den
trennenden Bergrücken in die
südlichen Alpentäler
hereingequollen und müssten
entweder verschwinden oder sich
verwelschen lassen! Weil die
Ebene im Süden viel tiefer liegt
als jene im Norden, ist das
Gefälle der Flüsse dort
bedeutender als hier, demzufolge
die Wasserscheide näher dem
Nordrand und das weitverästelte
Etschgebiet bis ins Herz des
Landes hinein ausgedehnt. Hier
steht auch das namengebende
Schloss Tirol.
Die
Grenze verläuft vom
Reschen-Scheideck bis zum Brenner
(1,370 m) auf dem Kamm der
Ötztaler- und Stubaier-, dann
auf dem der Zillertaler Alpen
entsprechend der Wasserscheide
gegen den Inn, berührt an der
Birnlücke auf 10 Kilometer das
Land Salzburg und folgt dann der
Wasserscheide gegen die Drau. Da
jedoch der Ursprung der Drau auf
dem bequem zu überschreitenden
Toblacher Feld (1.200 m) liegt,
wohin auch ihr erster Zufluss,
der Sertenbach vom Kreuzberg
(Übergang zur Piave) mündet, so
wurde hier
"ausnahmsweise"
zugunsten Italiens die
Wasserscheide verlassen und
Drauquelle samt Sertental
abgetrennt, Innichen zur
italienischen Grenzstation
gemacht. Ähnliches
geschah am Ostende der
mauerartigen karnischen Alpen,
einer unverrückbaren Natur- und
Völkerschranke: hier erschien
der Knotenpunkt Tarvis zwischen
Fella-(Kanal)-Tal, Weißenfelser
Sattel (zur Save) und Predilpass
(zum Isonzo) so verlockend, dass,
das obere Gailitzgebiet trotz
seiner Zugehörigkeit zur Drau
wieder "ausnahmsweise"
der adriatischen Abdachung
angegliedert und das rein
deutsche Tarvis zum westlichen
Tarvisio umgewandelt wurde.
Die
Identität der Tiroler:
Tirol
war verwaltungsmäßig in Bezirke
aufgeteilt. In den italienischen
Bezirken südlich Salurn galt
allein die italienische
Verwaltungs- und Schulsprache.
Selbstverwaltung der Gemeinden,
Bauernfreiheit, Schützenwesen
galten auch dort. Die Trentiner
waren ärmer als die deutschen
Tiroler, das bei ihnen übliche
italienische Erbrecht führte zur
Zerstückelung der Höfe. Die
Trentiner betrachteten sich als
Tiroler. Die Bischöfe von Trient
und Bozen saßen als
Reichfürsten im deutschen
Reichstag und zugleich im Tiroler
Landtag. Aber im Gefolge der
napoleonischen Kriege beschloss
der Reichstag 1803, zum Ausgleich
der deutschen Gebietsverluste
gegen Frankreich, den
territorialen Besitz der
geistlichen Fürsten zu
enteignen. Das traf alle
deutschen Bischöfe, aber es
beeinflusste den Trentiner
Bischof und seine Nachfolger
besonders: Fast gleichzeitig,
1802, war im Süden der
(kurzlebige) italienische Staat
von Napoleons Gnaden entstanden.
1806 wurde das "Römische
Reich deutscher Nation"
aufgelöst. Es gab keinen
Reichstag mehr, der Würde
verlieh. Viele Trentiner stellten
fest, dass sie eigentlich
Italiener seien. Dieses Gefühl,
da die Masse der Bevölkerung nur
wenig erfasste, sondern vor allem
die Oberschicht, wurde maßgebend
für die Geschichte Tirols im 19.
Jhdt. Als auch die Teilung des
Landes 1919 znd dem Zweiten
Weltkrieg 1945 eine neue Zeit
anzubrechen schien, wollten die
meisten Trentiner zu
"Tirol" zurück.
Die
Teilung Tirols brachte für die
deutschen und ladinischen
Südtiroler viele bittere
Jahrzehnte. Unter der
zentralistischen Verwaltung Roms
und vollends unter der Diktatur
des Faschismus machten sie mit
dem Verbot ihrer Sprache in
Schulen und Ämtern, dem
Ausschluss aus der öffentlichen
Verwaltung, aus den sozialen
Einrichtungen und schließlich
mit dem
Entweder-Umsiedlung-oder-völlige-Italianisierung
eine Bewährungsprobe durch, die
die bei Österreich verbliebenen
Tiroler in ihrem Ausmaß nicht
voll nachempfinden können. Nach
1945 war es noch jahrzehntelang
wenig besser; der Zentralismus
Roms brachte für den völlig
anderen Charakter der Tiroler
kein Verständnis auf. Trotz
Demokratie wurden bis in die
70er-Jahre die italienischen
Bürger von Politikern und Presse
"sudditi" (=
Untertanen) genannt, und ein
Minister ließ sich bei einer
festlichen Gelegenheit selbst
noch in den 90er-Jahren von
diesen "Untertanen"
gern die Hand küssen.
Die
Südtiroler müssen mit den
Traditionen, dem Geist, den
Verhaltensweisen eines
50-Millionen-Volkes fertig
werden, das sich im Grund noch
immer-siehe Bozener
Siegesdenkmal-als Nachfolger des
Drusus sieht. Sie haben sich
bisher behauptet, an ihren
Überzeugungen, ihrer Lebensart,
ihrer Geschichte und Sprache
festgehalten, aber sie haben
schließlich gelernt, dies wenn
möglich auf eine Weise zu tun,
die frontale Konfrontation
vermeidet. Sie haben dabei in den
letzten Jahren in der Wirtschaft,
in der Kultur und der Bildung
Kräfte entwickelt, die
erstaunlich sind. Von ihrem
geschickten Umgang mit der EU und
deren Zwangsbestimmungen könnten
die Nordtiroler lernen. Sie
sollten es versuchen. Denn ohne
Südtirol ist Nord- und Osttirol
ein Torso.
Tirol liegt bei Meran, nicht bei
Innsbruck. Diesem Tatbestand
trägt die Tiroler
Landesverfassung von 1988
Rechnung, indem sie auf die
geistige und kulturelle Einheit
des "ganzen Landes"
verweist. Aber auch die
Südtiroler können sich gegen
die sehr vitalen Italiener nicht
behaupten, wenn sie nicht in
Nordtirol ihren Rückhalt suchen
und finden.
Nur
beide zusammen, Nord- und
Südtirol, sind Tirol! Das Tal
zwischen Innsbruck und Brixen
heißt nicht umsonst Wipptal und
gleicht einer Schaukel. Nur wenn
beide Seiten die gleichen Kräfte
entwickeln und die gleichen Ziele
haben, bleibt die Schaukel im
Gleichgewicht. Nur gemeinsam
können die Tiroler zwischen
Hamburg und Rom das Recht auf
ihren Raum und die Reste ihrer
Freiheit verteidigen. Das Problem
hat sich geändert, aber der
Charakter der Tiroler,
hoffentlich, nicht. (Dr.
Veronika Stadlmayer - ehem.
Leiterin des Südtirol-Referates
der Tiroler Landesregierung)
90
Jahre Kriegseintritt Italiens:
Front in Fels und Eis:
Die
Landtagsabgeordnete der Union
für Südtirol, Eva Klotz,
erinnert daran, dass es am 23.
Mai genau 90 Jahre werden, dass
durch die Kriegserklärung
Italiens an seinen
Bündnispartner Österreich
großes Leid über Tirol
gekommen, aber auch das
italienische Volk von der eigenen
Regierung betrogen worden ist. Landtagsabgeordnete
Dr. Eva Klotz Durch den
Kriegseintritt Italiens wurde
Österreich genötigt, einen
Dreifronten- Krieg zu führen,
wobei die im Süden, die Front in
Fels und Eis, über die höchsten
Tiroler Bergspitzen führte und
zunächst von den ganz Alten und
ganz Jungen, dem sogenannten
Letzten Aufgebot, verteidigt
werden musste. Eva
Klotz fordert die Tiroler
Landsleute auf, diese großen
Opfer der Großväter nicht zu
vergessen. Sie hatten mit
bewirkt, dass Italien in drei
Jahren Krieg, in denen auch
zwölf Isonzo- Schlachten
geführt wurden, das Gebiet, das
es besetzen wollte, nicht erobern
konnte. Es war ihm nicht
gelungen, auch nur einen Meter
Tiroler Boden kämpfend zu
nehmen. Dass es nach dem Krieg
den südlichen Teil Tirols bis
zum Brenner von den Alliierten
zugesprochen kam, war nicht auf
militärische Leistung, sondern
auf den Bündnisbruch und den
Londoner Geheimvertrag vom 26. 4.
1915 zurückzuführen. Lt.
Abg. Dr. Eva Klotz
20. 5. 05
Die
wirkliche Grenze Tirols:
Wenn
auch die Mächtigen der Welt
gegen das Recht und gegen den
einmütigen Willen des Tiroler
Volkes die staatlichen Grenzen
anders gezogen haben, wenn so
scheinbar der beispiellos
heldenmütige Kampf der Tiroler
Standschützen und ihrer
Kameraden in den Tiroler Bergen
vergeblich war, die Stätten, wo
sie gekämpft haben und wo sie
gefallen sind, bleiben nach wie
vor die unverrückbaren
wirklichen Grenzen Tirols. Wir
wissen, dass wir die staatliche
Unrechtsgrenze nicht mit Gewalt
ändern können. Aber niemand
kann von uns erwarten, dass wir
jemals das Unrecht Recht heißen
und dass wir je aufhören,
leidenschaftlich unsere ganze
Kraft einzusetzen für das Recht
in Nord- und Südtirol." (Landeshauptmann
Eduard Wallnöfer beim
Standschützen-Gedenken 1965!)
Südtirol-Schutz
kommt in Österreichische
Verfassung (ORF 25.04.2006):
Die
Schutzfunktion Österreichs
gegenüber Südtirol dürfte nun
endgültig ihren Weg in die
Verfassung finden: Die ÖVP will
das schon lange, jetzt stimmt
auch die SPÖ zu. Für einen
derartigen Passus ist eine
Zweidrittelmehrheit nötig.
Auch
SPÖ dafür: Nationalratspräsident
Andreas Khol (ÖVP) kündigte an,
dass die Schutzfunktion im Zuge
der geplanten Verfassungsreform
in die Präambel der neuen
Verfassung Eingang finde werde.
Khol sagte laut
Parlamentskorrespondenz am
Montag, dass sich vorige Woche
auch die SPÖ zu dieser
Schutzfunktion bekannt habe.
Man habe nur bis nach der
Italien-Wahl gewartet, um
außenpolitische Aufregung zu
vermeiden, so der
SPÖ-Abgeordnete Erwin
Niederwieser.
Prodi
"ein Freund Südtirols" Khol
zeigte sich erfreut: "Für
mich als Südtiroler ist das
schön, wenn man weiß, dass es
einen breiten Konsens für unsere
Heimat gibt."
Kohl sei auch froh, dass der
designierte Regierungschef Romano
Prodi, "ein wirklicher
Freund Südtirols", die
nächste Regierung bilde.
Unterschriften-Übergabe
vor 60 Jahren: Vor
fast genau 60 Jahren, am 22.
April 1946, übergaben
Jungschützen aus Südtirol in
Innsbruck dem damaligen
Bundeskanzler Leopold Figl (ÖVP)
158.628 Unterschriften, die den
Willen vieler Südtiroler zum
Ausdruck brachten, zu Österreich
zurückzukehren.
Dieses Ereignisses gedachten rund
50 Südtiroler
"Jungschützen" und
"Marketenderinnen" am
Montag im Parlament in Wien.
Berlusconi
über Petition empört: Khol
nahm bei dieser Gelegenheit Bezug
auf Ereignisse vom Jänner, als
die Südtiroler Schützen in
einer auch von vielen
Bürgermeistern aus Nord-, Ost-,
und Südtirol unterzeichneten
Petition an den Nationalrat
ersuchten, die Schutzfunktion in
der neuen österreichischen
Verfassung festzuschreiben.
Die Petition sorgte für
Empörung unter anderem bei der
damaligen italienischen
Regierungspartei Forza Italia.
Die konservative Partei des
mittlerweile abgewählten
Ministerpräsidenten Silvio
Berlusconi bezeichnete die
Initiative als
"verantwortungslos und
unbegründet".
Schützenhilfe
aus Tirol: Der
damalige italienische
Oppositionsführer Prodi meinte
im Jänner zu der Petition:
"Die Idee, dass die
Verfassung eines Landes Klauseln
beinhalten könnte, die direkte
Auswirkungen im Leben einer
anderen Nation haben, hat weder
juristischen noch politischen
Sinn."
Die betroffenen Bürgermeister
erhielten einen Brief des Bozner
Regierungskommissars Giuseppe
Destro, des offiziellen
Vertreters Roms in Südtirol, in
dem eine Stellungnahme über die
Gründe für die Petition
eingefordert wurde. Das
Bundesland Tirol verteidigte den
Vorstoß.
"Schutz
unserer Volksgruppen" Khol
sagte im Jänner gegenüber den
"Salzburger
Nachrichten" zu dem Begehren
aus Südtirol und Tirol:
"Wir reden nicht von
Schutzmacht, sondern vom Schutz
unserer Volksgruppen." Diese
Schutzfunktion Österreichs
beruhe auf dem
Gruber-Degasperi-Abkommen aus
1946 und sei von Italien stets
anerkannt worden.
Die Idee, die Schutzfunktion in
die Präambel aufzunehmen,
brachte die ÖVP im
Österreich-Konvent zur
Ausarbeitung einer neuen
Bundesverfassung ein. Die
damalige FPÖ habe dem
zugestimmt, die SPÖ namens ihres
Klubobmanns Josef Cap Zustimmung
signalisiert, erklärte Khol in
dem Gespräch mit den
"Salzburger
Nachrichten" damals weiter.
Autonomie
weitgehend erfüllt: Am
Montag betonte der
Nationalratspräsident bei dem
Gedenken an die
Unterschriften-Übergabe, wie
wichtig es heute sei,
"Barrieren im Kopf"
abzubauen, um die "geistige
Landeseinheit" aller Tiroler
zu leben.
Khol erinnerte an den Kampf um
die Autonomie und die
Selbstbestimmung der Südtiroler.
Heute sei die Brennergrenze keine
Zoll- und Wirtschaftsgrenze mehr.
"Vieles, was die
Urgroßeltern und Großeltern der
Jungschützen erträumt haben,
ist heute Wirklichkeit", so
Khol.
Die Autonomie sei politisch
weitgehend erfüllt. Es sei aber
Österreichs Aufgabe, seine
Schutzfunktion für die
Südtiroler wahrzunehmen, damit
das auch weiterhin so bleibe.
Durnwalder:
"Kein italienfeindlicher
Akt" Südtirols
Landeshauptmann Luis Durnwalder
begrüßte den Parteienkonsens
zur Südtirol-Schutzklausel:
"Einen größeren Gefallen
könnte man uns nicht
machen."
Dass sich damit eine breite
Mehrheit für die
Südtirol-Schutzbestimmung
abzeichne, sei "sehr
erfreulich", weil Südtirol
immer ein parteienübergreifendes
Anliegen in Österreich gewesen
sei.
Die Klausel habe mit Italien
nichts zu tun und sei "kein
italienfeindlicher Akt". Er
sehe darin ein Versprechen, dass
Österreich seine Schutzfunktion
für Südtirol ernst nehme.
90
Jahre Teilung Tirols: Grönland
zeigt uns, dass Selbstbestimmung
keine Utopie ist von Werner
Neubauer
Erst
durch die Besetzung Südtirols im
Jahre 1918 und die Landesteilung
im Jahre 1919 wurde das Land
Tirol gegen den Willen der
Bevölkerung in drei Teile
zerrissen. Unter der Herrschaft
Mussolinis wurde die Südtiroler
Volksgruppe zu der am schärfsten
unterdrückten Minderheit in
Europa! Die
Entnationalisierungspolitik der
Faschistenära begann bei der
Übertünchung des Landes durch
rasch erfundene italienischen
Orts-, Flur- und sogar
Familiennamen, führte zum Verbot
des deutschen Schulunterrichts
und machte vor der Kirche und
Familie nicht halt. Sie gipfelte
letzten Endes in der
Radikallösung Mussolinis und
Hitlers, eine ethnische
Säuberung durch die
Umsiedlung der Südtiroler
Volksgruppe durchzuführen.
Nicht
zu Unrecht bezeichnete dann
Bundeskanzler Kreisky, ein wahrer
Freund Südtirols den im
Jahre 1946 dilettantisch
ausgehandelten Pariser
Vertrag als
einmaliges Dokument
österreichischer
Schwäche. Dr. Kreisky
gelang es, die Frage Südtirol
vor die UNO zu bringen und damit
zu einer internationalen
politischen Frage zu machen.
Trotzdem setzte Italien die
Politik der gezielten
italienischen Unterwanderung
fort, weshalb sich um den
Frangarter Kaufmann Sepp
Kerschbaumer der
Befreiungsausschuß
Südtirol (BAS) bildete,
dessen Ziel es war, durch
Anschläge die
Weltöffentlichkeit auf das
Unrecht aufmerksam zu machen und
somit grundlegend dazu
beigetragen haben, den
friedlichen Weg zum
Südtirol-Autonomiepaket zu
öffnen. Dieses Bekenntnis sollte
später der SVP-Parteiobmann und
Südtiroler Landeshauptmann
Magnago in aller Öffentlichkeit
ablegen. Noch im Jahre 1984 hatte
sich der Tiroler Landeshauptmann
Wallnöfer für die
Unverzichtbarkeit des
Selbstbestimmungsrechtes
ausgesprochen, während in
heutigen Tagen Spitzenpolitiker
der SVP bei jeder Gelegenheit
betonen, daß die Autonomie für
Südtirol ausreichend und das
Streben nach Landeseinheit
abzulehnen sei. Angesichts
solcher Haltung ist es nicht
verwunderlich, wenn der
Nordtiroler Landeshauptmann Van
Staa, von der Schwesterpartei
ÖVP, ebenfalls das Streben nach
Selbstbestimmung für
überflüssig und sein
Parteifreund Andreas Khol
skurrilerweise die Landeseinheit
Tirols bereits durch die EU für
verwirklicht hält. Letzten Endes
wird das Verhalten der SVP
darüber entscheiden, ob sie die
Selbstbestimmungspartei der
Südtiroler bleiben kann oder ob
sie als
Allerweltspartei die
Forderung und Verwirklichung der
volkspolitischen Grundrechte
kampflos den anderen deutschen
Parteien überlassen muß.
Immerhin ist auch die SVP darauf
verpflichtet für
immerwährende Zeiten auf dem
Selbstbestimmungsrecht zu
bestehen. Daß das Recht
auf Selbstbestimmung erreichbar
ist, zeigt uns Grönland, welches
demnächst mit Zustimmung der
dänischen Volksvertretung in die
Unabhängigkeit entlassen wird.
Nach
90 Jahren kann es innerhalb der
Friedensordnung der EU wohl kaum
unzulässig sein, die Diskussion
um das Selbstbestimmungsrecht der
deutschen und ladinischen
Bevölkerung im südlichen Tirol
voran zu treiben. Klar ist aber
auch, daß die Forderung nach
Selbstbestimmung von den
Betroffenen selbst auszugehen
hat. Die österreichischen
Freiheitlichen begrüßen in
diesem Zusammenhang die
Auslösung dieser notwendigen
Diskussion durch die Südtiroler
Oppositionsparteien, vor allem
durch die Südtiroler
Freiheitlichen, und werden die
Südtiroler Landsleute gerne auf
diesem Weg unterstützen.
Zu
Mantua in Banden:
1. Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war,
In Mantua zum Tode
Führt ihn der Feinde
Schar.
Es blutete der Brüder
Herz,
Ganz Deutschland, ach in
Schmach und Schmerz.
|: Mit ihm das Land
Tirol,
Mit ihm das
Land Tirol. :|
2. Die
Hände auf dem Rücken
Der Sandwirt Hofer ging,
Mit ruhig festen
Schritten,
Ihm schien der Tod
gering.
Den Tod, den er so
manchesmal,
Vom Iselberg geschickt
ins Tal,
|: Im heil'gen Land
Tirol,
Im heil'gen
Land Tirol. :|
3.
Doch als aus
Kerkergittern
Im Festen Mantua
Die treuen Waffenbrüder
Die Händ' er strecken
sah,
Da rief er laut:
"Gott sei mit euch,
Mit dem verrat'nen
deutschen Reich,
|: Und mit dem Land
Tirol,
Und mit dem
Land Tirol." :|
4. Dem
Tambour will der Wirbel
Nicht unterm Schlegel
vor,
Als nun der Sandwirt
Hofer
Schritt durch das
Kerkertor,
Der Sandwirt, noch in
Banden frei,
Dort stand er fest auf
der Bastei.
|: Der Mann vom Land
Tirol,
Der Mann vom
Land Tirol. :|
5.
Dort soll er
niederknie'n,
Er sprach: "Das tu
ich nit!
Will sterben, wie ich
stehe,
Will sterben, wie ich
stritt!
So wie ich steh' auf
dieser Schanz',
Es leb' mein guter Kaiser
Franz,
|: Mit ihm sein Land
Tirol!
Mit ihm sein
Land Tirol!" :|
6. Und
von der Hand die Binde
Nimmt ihm der Korporal;
Und Sandwirt Hofer betet
Allhier zum letzten Mal;
Dann ruft er: "Nun,
so trefft mich recht!
Gebt Feuer! Ach, wie
schießt ihr schlecht!
|: Adé, mein Land Tirol!
Adé mein
Land Tirol! :|
(Julius
Mosen 1831)
En,
Mantuae e vinclis
Fidelem Hoferum
Ad mortem, vae, ducebat
Caterva hostium;
Divulsa est Germania
Dolore, ignominia
Et una Tyrolis.
Et una Tyrolis.
Tum
manu religata
Andreas Hofer it
Quietus atque constans;
Nam mortem neglegit,
Quam misit saepenumero
In vallem de Iselio
In sancta Tyroli.
In sancta Tyroli.
Cum
autem e cancellis
In firma Mantua
Sodales videt fidos
Porgentes bracchia,
Exclamat:"Deus tegat
vos
Et regni fines proditos
Et una Tyrolim!"
Et una Tyrolim!"
Et
tympanista movet
Vix manus anxias,
Cum caupo Hofer vadit
Per portae tenebras.
Sed liber et in vinculis
Tum stat in propugnaculis
Prognatus Tyroli.
Prognatus Tyroli.
Flexare
genu iussus
"Non", inquit,
"facio;
Occumbam, ut certavi,
Occumbam, sicut sto
Et sicut sto in aggere;
Francisce rex, saluto te
Et una Tyrolim."
Et una Tyrolim."
De
manibus tum vincla
Ademit optio
Et ultimum precatur
Nunc Hofer ilico;
Tum clamat:"Ignem
parite!
Quam male percussistis
me!
Oh, vale, Tyrolis!"
Oh, vale, Tyrolis!"