Österreichischer Heeresbericht über die
Ereignisse an der italienischen Front im September 1918:
Wien, 1. - 3.
September
Keine
besonderen Ereignisse.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 4. September
Im Norden des Tonalepasses
entrissen unsere Hochgebirgsabteilungen dem Feinde durch
überraschende Angriffe den Punto San Matteo (3692 Meter), den
Monte Montello (3636 Meter) und den Gletschergipfel (3502 Meter).
Diese brave Waffentat im ewigen Eis und Schnee stellt der
Kampftüchtigkeit der den schwersten alpinen Verhältnissen
gewachsenen Angreifer ein besonderes Zeugnis aus.
In den Sieben Gemeinden lebhaftere Erkundungstätigkeit.
Sonst nichts von Bedeutung.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 5. September
Im Cornogebiet und östlich des
Monte Pertica führten Unternehmungen unserer Sturmtruppe zu
vollem Erfolge. In den Sieben Gemeinden und an der Piave wurden
feindliche Erkundungsversuche vereitelt.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 6. September
Südlich des Tonalepasses wurden
italienische Patrouillen abgewiesen. Bei Asiago schlugen wir
einen Angriff zurück. Sonst vielfach lebhaftes Geschützfeuer.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 7. und 8.
September
Keine
besonderen Ereignisse.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 9. September
Auf dem Monte Pertica wurden
vorgestern abend und gestern früh italienische Angriffe durch
Feuer abgeschlagen. Der Feind erlitt schwere Verluste.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 10. September
An zahlreichen Stellen der
italienischen Front lebte beiderseitig die Erkundungstätigkeit
auf.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 11 . September
Auf der Hochfläche von Asiago
scheiterten zwei feindliche Erkundungsversuche.
Im Asolone-Abschnitt, wo es dem Italiener unter Einsatz starker
Artillerie gelang, in unsere Linie einzudringen, stellte ein
Gegenstoß des Infanterieregiments Nr. 99 die Situation wieder
her. An der Piavefront erhöhte Artilleriekämpfe.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 12. September
An der Tiroler Front stellenweise
Patrouillenkämpfe. Auf Asolone haben unsere Truppen einen
neuerlichen überraschenden Angriff der Italiener blutig
abgewiesen. An der Piavefront hält die Artillerietätigkeit an.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 13. September
Südlich von Noventa versuchten
italienische Erkundungstruppen das Ostufer der Piave zu gewinnen;
sie wurden zurückgetrieben. - Sonst vielfach Artilleriekampf.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 14. September
Östlich der Brenta und auf dem
Monte Solarolo wurden feindliche Vorstöße abgeschlagen, bei San
Dona an der Piave italienische Überschiffungsversuche vereitelt.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 14. September
In einer amtlichen Verlautbarung
heißt es u. a.:
Es müssen wirksamere Mittel und Wege in Erwägung gezogen
werden, durch die den verantwortlichen Faktoren aller Länder
Gelegenheit geboten werden könnte, die gegenwärtig vorhandenen
Möglichkeiten einer Verständigung zu überprüfen. Es hat sich
doch eine Atmosphäre gebildet, welche die Erörterung des
Friedensproblems nicht mehr ausschließt. Mühsam und langwierig
ist der Weg, der zur Herstellung friedlicher Beziehungen zwischen
den durch Haß und Erbitterungen getrennten Völkern führt. Doch
ist es unsere Pflicht, den Weg der Verhandlungen zu betreten. Nur
ein Friede, der die heute noch auseinandergehenden Auffassungen
der Gegner in einer gerechten Weise ausgleichen könnte, würde
der von allen Völkern ersehnte dauernde Friede sein. In diesem
Bewußtsein und unentwegt bemüht, im Interesse des Friedens
tätig zu sein, tritt nun die österreichisch-ungarische
Monarchie neuerlich mit einer Anregung hervor, um eine direkte
Aussprache zwischen den einander feindlich gegenüberstehenden
Mächten herbeizuführen.
Die österreichisch-ungarische Regierung hat beschlossen, allen
Kriegführenden, Freund und Feind, einen von ihr für gangbar
gehaltenen Weg zu weisen und ihnen vorzuschlagen, im freien
Gedankenaustausch gemeinsam zu untersuchen, ob jene
Voraussetzungen gegeben sind, welche die baldige Einleitung von
Friedensverhandlungen als aussichtsvoll erscheinen lassen. Zu
diesem Behufe hat die k. und k. Regierung die Regierungen aller
kriegführenden Staaten zu einer vertraulichen und
unverbindlichen Aussprache an einem Orte des neutralen Auslandes
eingeladen und an sie eine in diesem Sinne verfaßte Note
gerichtet. Mit einer Note wurde dieser Schritt zur Kenntnis des
Heiligen Stuhles gebracht und hierbei an das dem Frieden
zugewendete Interesse des Papstes appelliert. Ferner wurden auch
die Regierungen der neutralen Staaten von der Demarche
verständigt. Das stets enge Einvernehmen, welches zwischen den
vier verbündeten Machten besteht, bietet die Gewähr dafür,
daß die Verbündeten Österreich-Ungarns, an welche der
Vorschlag gleich weise ergeht, die in der Note entwickelte
Auffassung teilen.
In der amtlichen Mitteilung heißt es u. a. weiter:
Weit ausgesprochener als auf dem Gebiete der konkreten
Kriegsziele ist die Annäherung der Auffassung hinsichtlich jener
Richtlinien gediehen, auf deren Grundlage der Friede geschlossen
und die künftige Ordnung Europas und der Welt aufgebaut werden
soll. Präsident Wilson hat in dieser Richtung in seinen Reden
vom 12. Februar und vom 14. Juli dieses Jahres Grundsätze
formuliert, die bei seinen Alliierten nicht auf Widerspruch
gestoßen sind, und deren weitgehende Anwendung auch auf seiten
der Vierbundmächte keinem Einwande begegnen dürfte,
vorausgesetzt, daß diese Anwendung allgemein und mit den
Lebensinteressen der betreffenden Staaten vereinbar sei.
Wien, 15. September
Auf dem italienischen
Kriegsschauplatz sehr rege Artillerie-, Erkundungs- und
Fliegertätigkeit.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 16. September
Bei Mori und auf dem Monte Cimone
wurden feindliche Patrouillen abgewiesen. In den Sieben Gemeinden
scheiterten mehrere italienische Vorstöße. Im Brentatal
drückte der Feind unsere Feldwachlinien etwas zurück.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 17. September
Zwischen der Brenta und dem Monte
Solarolo setzten die Italiener gestern früh nach starker, bis
zum Trommelfeuer gesteigerter Artillerievorbereitung zum Angriffe
an. Ihre Sturmkolonnen wurden im Brentatal und vor dem Col
Caprilo durch unser Feuer zurückgetrieben. Auf dem Asolone
vermochten sie unter der Wirkung unserer Batterien ihre Gräben
überhaupt nicht zu verlassen. Auf dem Monte Pertica, dem
Solarolo und auf dem Tassonrücken kam es zu erbitterten
Kämpfen, in denen der Feind gleichfalls restlos weichen mußte.
In anderen Abschnitten vielfach lebhafte Fliegertätigkeit.
Der Chef des Generalstabes.
London, 17.
September
Reuter meldet aus Washington:
Der Minister des Äußeren Lansing hat folgende Erklärung
abgegeben: Ich bin von dem Präsidenten ermächtigt zu sagen,
daß die folgende Antwort der Amerikaner abgegeben werden wird
auf die österreichisch-ungarische Note, in der eine inoffizielle
Konferenz vorgeschlagen wird:
"Die Vereinigten Staaten sind der Ansicht, daß nur eine
Antwort auf den Vorschlag der österreichisch-ungarischen
Regierung gegeben werden kann. Wir haben wiederholt und in
vollkommener Klarheit die Bedingungen bekanntgegeben, unter denen
die Vereinigten Staaten wegen eines Friedens verhandeln wollen,
und wir können und wollen keinen Vorschlag in Erwägung ziehen
für eine Konferenz über eine Angelegenheit, in der die
Vereinigten Staaten ihre Stellung und Absichten bereits klar
bekanntgegeben haben."
Lansings Erklärungen wurden innerhalb einer halben Stunde nach
Empfang des österreichischen Vorschlages abgegeben. Die
Schnelligkeit, mit der die Rückäußerung erfolgte, zeigt, daß
nicht der leiseste Zweifel darüber bestehen kann, was man für
eine Antwort zu erwarten hat.
Wien, 18. September
Der Italiener setzte seine
Anstrengungen zur Besitznahme unserer Stellungen im Gebiet des
Monte Pertica fort. Das Ziel seiner gestrigen, von heftigem
Artillerie- und Minenfeuer begleiteten Angriffe bildete der
Tassonrücken, gegen den er fünfmal Sturm lief. Der Feind wurde
jedesmal in erbitterten Nahkämpfen zurückgeschlagen. Am Monte
Tomba und Monte Solarolo wurden feindliche Annäherungsversuche
vereitelt. Auf der Hochfläche östlich Asiago zeitweise schwere
Artilleriekämpfe. Zahlreiche feindliche Flieger haben auf
mehrere Orte hinter der Piavefront und im Etschtal Bomben
abgeworfen, ohne nennenswerten Schaden anzurichten.
Der Chef des Generalstabes.
Rom, 18. September
Agenzia Stefani veröffentlicht
eine Note, die u. a. besagt:
Die Entente und die Vereinigten Staaten ließen ihre lebhafte
Bereitwilligkeit zu einem gerechten Frieden offen erkennen und
gleichzeitig auch die wesentlichen Grundlagen, auf denen dieser
Friede aufgebaut sein muß. Über diese Punkte sagt die
österreichische Note nicht ein Wort, besonders auch darüber
nicht, was sich auf die unmittelbaren italienischen Ansprüche
bezieht.
Sie schließen in sich ein die Erfüllung der völkischen Einheit
durch Freigabe jener italienischen Volksstämme, die bis jetzt
unter Österreich standen, sowie die Verwirklichung der
Bedingungen, die für Italiens Sicherheit unumgänglich notwendig
sind. Solange die österreichische Regierung nicht zeigt, daß
auch sie diese besonderen Ziele anerkennt, ebenso wie die anderen
allgemeinen und besonderen Ziele, für die alle Alliierten
vereint kämpfen, solange wird Italien nicht vom Kampfe ablassen
Wien, 19. September
In den Sieben Gemeinden anhaltend
lebhafter Feuerkampf. Zwischen Brenta und Piave stellte der Feind
nach schweren Mißerfolgen der Vortage seine Angriffe ein. Unter
den braven Truppen, die in den letzten Kämpfen, von ihrer
Artillerie trefflich unterstützt, den immer wieder vorbrechenden
Feind siegreich abgewehrt haben, verdienen die ungarischen
Infanterieregimenter Nr. 39 und 105 besondere Anerkennung. Bei
San Dona wurde ein nächtlicher Übergangsversuch durch unser
Feuer abgewiesen.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 19. September
Der schwedische Gesandte in Wien
hat heute im Auftrage seiner Regierung dem
österreichisch-ungarischen Ministerium des Äußern den Text der
Antwort der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika auf die
Note der österreichisch-ungarischen Regierung vom 14. September
zur Kenntnis gebracht, welche der schwedische Gesandte in
Washington dem Ministerium des Auswärtigen in Stockholm
übermittelt hat.
Der
Text der Antwort der Antwort lautet:
Ich habe die Ehre, den Empfang Ihrer Zuschrift vom 16. September
zu bestätigen, mit welcher mir eine Note der
österreichisch-ungarischen Regierung mitgeteilt wurde, die einen
Vorschlag an die Regierungen aller kriegführenden Staaten
enthielt, dahingehend, diese mögen die Delegierten zu einer
vertraulichen und unverbindlichen Aussprache über die
Grundprinzipien eines Friedensschlusses entsenden. Hierbei wurde
vorgeschlagen, die Delegierten zu beantragen, einander die
Auffassung ihrer Regierungen über jene Prinzipien zur Kenntnis
zu bringen, analoge Mitteilungen entgegenzunehmen sowie offene
und freimütige Aufklärungen über alle jene Punkte zu erbitten
und zu erteilen, die einer Präzisierung bedürfen.
In Erwiderung hierauf beehre ich mich, mitzuteilen, daß der
Inhalt Ihrer Mitteilung dem Präsidenten vorgelegt worden ist,
welcher mich beauftragt, Ihnen bekanntzugeben, daß die Regierung
der Vereinigten Staaten auf die Anregung der
österreichisch-ungarischen Regierung nur eine Antwort erteilen
zu können glaubt: Sie hat wiederholt und mit vollstem Freimut
die Bedingungen aufgestellt, unter welchen die Vereinigten
Staaten einen Friedensschluß in Erwägung ziehen würden. Sie
kann und will sich mit keinem Konferenzvorschlage über eine
Angelegenheit befassen, hinsichtlich welcher sie ihren Standpunkt
und ihre Absichten so klar dargelegt hat. Lansing.
Wien, 20. September
Die Kämpfe an der venezianischen
Gebirgsfront lebten gestern aufs neue auf. Nördlich des Col
Isabella und des Col del Rosso gelang es den Italienern,
vorübergehend in unsere Gräben einzudringen. - Ungesäumt
einsetzender Gegenstoß warf sie sogleich wieder hinaus. Westlich
des Asolone und im Gebiet des Col del Orso schlugen unsere braven
Regimenter die italienischen Anstürme in erbitterten Nahkämpfen
zurück. Der Feind erlitt schwere Verluste. Bei San Dona
scheiterte abermals ein feindlicher Übergangsversuch.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 21. September
Eine feindliche Unternehmung gegen
Stellungsteile im Tonale-Abschnitt wurde durch unser
Vernichtungsfeuer im Keime erstickt.
In den Judikarien, im Conceitale, bei Mori und auf der
Hochfläche örtliche Kleinkämpfe.
Zwischen Brenta und Piave beschränkte sich der Italiener nach
den Mißerfolgen der letzten Tage auf schwächere Vorstöße
gegen unsere Tassonstellungen nordöstlich des Monte Pertica, die
alle restlos abgewiesen wurden. Westlicher Kriegsschauplatz: Bei
den k. und k. Truppen nichts von Belang.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 22. September
Gestern überfielen auf dem Dosso
Alto unsere Sturmtruppen einen von tschechoslowakischen
Legionären verteidigten Grabenabschnitt. Der größte Teil der
Besatzung erlitt sein verdientes Schicksal. Sonst an zahlreichen
Stellen der italienischen Front Erkundungsgefechte.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 23. September
Lage
unverändert.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 24. September
An der Tiroler Südfront
Artillerie- und Patrouillenkämpfe.
Auf der Hochfläche zwischen Canove und dem Monte di Val Bella
setzten unsere Gegner gestern zu neuerlichen Angriffen an.
Am Monte Sisemol, gegen den der Feind sein unterstützendes
Artilleriefeuer zur größten Heftigkeit steigerte, glückte es
französischen und italienischen Sturmabteilungen, in unsere
Linien einzudringen. Ein Gegenstoß trieb den Feind in seine
Gräben zurück. Annäherungsversuche gegen unsere Stellungen
nördlich des Monte Tomba wurden abgewiesen.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 25. September
An der Tiroler Südfront und
zwischen der Brenta und der Piave scheiterten italienische
Erkundungsvorstöße. In den Sieben Gemeinden setzte der Feind
gestern bei Canove seine Teilangriffe fort. Die Angreifer,
Italiener und Tschecho-Slowaken, wurden überall geworfen, an
einer Stelle durch einen Gegenstoß von Pardubitzer Dragonern.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 26. September
Lage
unverändert.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 27. September
An der Tiroler und venezianischen
Gebirgsfront Artilleriekämpfe und Patrouillengeplänkel.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 28. und 29.
September
An der italienischen Front keine
nennenswerten Kampfhandlungen.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 30. September
Auf dem italienischen
Kriegsschauplatz erfolgreiche Patrouillenunternehmungen. -
Der Chef des Generalstabes.