Österreichischer Heeresbericht über die
Ereignisse an der italienischen Front im Juli 1918:
Wien, 1. Juli
An der Piave-Front keine
besonderen Ereignisse. Südöstlich Asiago kam es erneut zu
heftigen Kämpfen. Da der Col del Rosso und der Monte di Val
Bella sich nur unter großen Opfern hätten behaupten lassen,
wurden die Besatzungen dieser Punkte in die frühere
Hauptstellung am Walde von Stenfle zurückgenommen.
Südlich von Canova bei Asiago wiesen wir feindliche Erkundungen
ab.
Unsere Land- und Seeflieger unternahmen im Mündungsgebiet der
Piave erfolgreiche Flüge gegen militärische Anlagen des
Feindes und kehrten vollzählig zurück.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 2. Juli
Die Artillerietätigkeit ist an
der ganzen italienischen Front sehr rege. Sie steigerte sich
heute früh zwischen Brenta und Piave und an der unteren Piave zu
namhafter Stärke. Größere Infanteriekampfhandlungen sind
gestern tagsüber unterblieben.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 2. Juli
In den Morgenstunden des 2. Juli
stieß eine kleine Abteilung unserer Torpedoeinheiten in der
Nordadria auf stark überlegene feindliche
Torpedobootsstreitkräfte. Es entwickelte sich ein lebhaftes
Feuergefecht auf kurze Distanz, wobei es unseren Einheiten
gelang, einen großen feindlichen Zerstörer in Brand zu
schießen und einen zweiten schwer zu beschädigen. Der Feind
brach das Gefecht ab und zog sich mit überlegener
Geschwindigkeit gegen seine Basis zurück. Unsere Einheiten
erlitten nur ganz belanglose Schäden und außer einigen
Leichtverletzten keine Verluste.
Flottenkommando.
Wien, 3. Juli
Gestern am frühen Morgen setzte
an der ganzen Piave-Front von Susegana abwärts heftiges
italienisches Geschützfeuer ein, das sich südlich von San Dona
in mehreren Abschnitten bis zum Trommelfeuer steigerte. Einige
Stunden später ging im Piave-Mündungsgebiet die feindliche
Infanterie zum Angriff über. In erbittertsten, den ganzen Tag
über währenden Kämpfen vermochte der Gegner, abgesehen von
kleinem Raumgewinn bei Chiesenuova, nirgends einen Erfolg zu
erringen. Auch sein Versuch am Südflügel, bei Revedoli unter
dem Schutze feindlicher Seestreitkräfte Infanterie an Land zu
werfen, scheiterte in unserem Feuer. Ein italienischer
Übergangsversuch bei Zenson wurde vereitelt.
An der venezianischen Gebirgsfront war die Kampftätigkeit
gleichfalls außerordentlich rege, westlich des Asolone wurde ein
starker Angriff durch das bewährte niederösterreichische
Infanterieregiment Nr. 49 im Gegenstoß aufgefangen. Auch
nördlich des Col del Rosso und bei Asiago wiesen wir
italienische Infanterievorstöße ab.
An der Tiroler Westfront mäßiger Artilleriekampf.
Wie nachträglich festgestellt wurde, war es Oberleutnant Barwig,
der mit Zugführer Kauer als Pilot den vielgenannten
italienischen Jagdflieger, Major Barcca, am 9. Juni abgeschossen
hat.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 4. Juli
Der Geschützkampf ist an
zahlreichen Abschnitten der Südwestfront außerordentlich rege.
Bei Asiago und auf dem Monte Sisemol scheiterten englische
Stoßtruppunternehmen.
Im Mündungsgebiet der Piave dauern die Kämpfe an.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 5. und 6. Juli
An der Piave-Mündung hielten die
Kämpfe auch gestern an. Am Südflügel der dortigen Stellung
vermochte uns der Feind gegen den Hauptarm zurückzudrängen. An
der venezianischen Gebirgsfront beschränkte sich gestern die
Tätigkeit beiderseits auf Geschützfeuer. Heute früh unternahm
der Italiener im Solarolo-Gebiet und bei Asiago erneut heftige
Vorstöße, die überall abgeschlagen wurden.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 7. Juli
Da sich das Piave-Delta ohne
schwerere Opfer nicht hätte behaupten lassen, nahmen wir unsere
dort eingesetzten Truppen in die Dammstellung am Ostufer des
Hauptarmes zurück. Die Bewegung vollzog sich in der Nacht vom 5.
auf den 6. Juli. Der Feind fühlte gestern mittag bis an den
Fluß nach.
Östlich des Monte Pertica schlug das wackere Otocaner
Infanterie-Regiment Nr. 79 starke italienische Angriffe in
blutigen Nahkämpfen zurück.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 8. Juli
Das Ringen um die
Casson-Stellungen östlich des Monte Pertica dauerte bis in den
Nachmittag an. Siebenmal hatte sich das tapfere Otocaner Regiment
Nr. 79 im Gegenstoß auf den Feind geworfen, ehe dessen
Angriffskraft völlig gebrochen war und er endgültig in seine
Gräben zurückflüchten mußte. Der Regimentskommandant der
Otocaner, Oberstleutnant Karl Zoller, ist an der Spitze seiner
Braven den Heldentod gestorben. Sonst im Südwesten keine
größeren Kampfhandlungen.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 9. Juli
An der italienischen Front keine
besonderen Ereignisse.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 10. Juli
Im Brentatal schlugen unsere
Sicherungstruppen einen italienischen Vorstoß ab.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 11. und 12.
Juli
Auf dem italienischen
Kriegsschauplatz keine nennenswerten Ereignisse.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 13. Juli
An der venezianischen Gebirgsfront
Aufklärungsgeplänkel.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 14. Juli
Zwischen dem Gardasee und der
Etsch war beiderseits das Geschützfeuer sehr lebhaft. An der
venezianischen Gebirgsfront hat sich die Gefechtstätigkeit
gesteigert. Gestern warfen auf dem Sasso Rosso unsere
Sicherungstruppen feindliche Erkundungsabteilungen zurück. Heute
früh griffen italienische Bataillone südöstlich von Asiago und
nördlich des Monte di Val Bella vergebens an. Auch ein Gefecht
an dem Westhange des Brentatals endete zu unseren Gunsten.
In Albanien fühlen die Gegner allmählich gegen unsere neue
Widerstandslinie vor. Im Devolital wurde eine französische
Eskadron abgewiesen.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 15. Juli
An den Gebirgsfronten ist
beiderseits die Artillerietätigkeit andauernd lebhaft.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 16. Juli
Im Raume des Stilfser Joches,
nördlich des Tonale-Passes, in Judikarien und auf der
Hochfläche von Asiago steigerte sich der Artilleriekampf zu
besonderer Heftigkeit. Im Raume des Monte Pertica und des Monte
Solarolo unternahm der Italiener nach heftiger überfallsartiger
Artillerievorbereitung vier gewaltige Sturmangriffe. Sie wurden
von den braven Truppen der 55. Division teils durch Feuer, teils
im Nahkampf abgeschlagen. Die Blutopfer des Feindes sind
außerordentlich groß.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 16. Juli
Kaiser Karl hat nachstehendes
Handschreiben erlassen:
Lieber Feldmarschall Freiherr v. Conrad!
Schwer nur konnte ich mich entschließen, Ihrer erneuten Bitte um Enthebung Folge zu gebend klingt doch seit Jahrzehnten in meiner Wehrmacht ruhmvoll Ihr Name. Sie haben als erster bahnbrechend der technischen Ausbildung moderne Wege gewiesen, Sie haben im Frieden als Chef des Generalstabes unter schwierigen Verhältnissen weitblickend die zeitgemäße Ausgestaltung der Armee angebahnt. Die Schaffung dieser Grundlage ermöglicht uns, den Kampf gegen eine Welt von Feinden ehrenvoll zu bestehen. Ihre Tätigkeit während des Krieges auf verantwortungsvollstem Posten - speziell als Chef des Generalstabes - sichert Ihnen für alle Zeit einen Ehrenplatz in der Geschichte. Ihrer Taten voller Wert wird später erst Gemeingut aller werden. Für Ihre durch ein Menschenalter erfolgreich und aufopferungsvoll geleistete Arbeit gebührt Ihnen für immer mein, meiner Wehrmacht und des Vaterlandes Dank. Ich ernenne Sie zum Oberst aller Leibgarden und erhebe Sie in den erblichen Grafenstand.
Karl m. p.
Eckartsau, 15. Juli 1918
Gleichzeitig wurden ernannt der Generaloberst Erzherzog Joseph zum Heeresgruppenkommandanten, der General der Kavallerie Fürst Alois Schönburg-Hartenstein zum Kommandanten einer Armee.
Wien, 17. Juli
Südlich von Asiago vermochten
zwei englische Kompagnien vorübergehend in unsere Gräben
einzudringen. Sie wurden nach kurzem Kampf zurückgeworfen. Im
Brentatal brachte ein Patrouillenunternehmen 30 Gefangene und 2
Maschinengewehre ein. Die Verluste des Feindes in den letzten
Kämpfen auf dem Solarolo erweisen sich als außerordentlich
schwer. In schmalem Frontabschnitt wurden über 500 italienische
Leichen gezählt.
In Albanien ist die Lage unverändert.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 18. Juli
In Italien keine besonderen
Ereignisse.
Der Chef des Generalstabes.
Ereignisse
zur See:
Am 17. Juli in den Morgenstunden
wurde Pola von mehreren Geschwadern feindlicher Land- und
Seeflugzeuge mit ungefähr 200 Bomben belegt. An Opfern sind zwei
Tote (Zivilarbeiter) und mehrere Verletzte zu beklagen. Der
angerichtete Schaden ist unbedeutend.
Flottenkommando.
Wien, 19. Juli
Im Raume beiderseits von Asiago
wurden artilleristisch stark vorbereitete Vorstöße des Feindes
teils durch Feuer, teils im Gegenstoß zurückgeschlagen. Ebenso
scheiterte im Brentatal ein italienischer Vorstoß.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 20. Juli
An der Tiroler Westfront lebte
gestern die Kampftätigkeit erheblich auf. Im Adamellogebiet
wurden mehrere italienische Vorstöße abgewiesen. Auf dem Monte
Paveuto mußte dem Feinde ein vorgeschobener Stützpunkt
überlassen werden.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 21. Juli
Auf dem Zugnarücken wurden
feindliche Sturmtruppen durch Feuer, teils im Handgranatenkampf
zurückgetrieben. Bei Asiago scheiterten englische Vorstöße.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 22. Juli
An der italienischen Front keine
besonderen Ereignisse.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 23. Juli
Auf dem italienischen
Kriegsschauplatz Artilleriekämpfe wechselnder Stärke.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 24. und 25.
Juli
An der italienischen Front keine
nennenswerten Kampfhandlungen.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 26. Juli
Bei Canove in den Sieben Gemeinden
scheiterte ein feindlicher Vorstoß. Sonst keine besonderen
Ereignisse.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 27. Juli
An der Tiroler Front haben
Sturmtruppunternehmen im Conositale und in der Vallarsa dem
Feinde blutige Verluste zugefügt.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 28. Juli
An der italienischen Front keine
nennenswerten Kampfhandlungen.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 29. Juli
An der italienischen Front
Geschützkampf und Geplänkel.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 30. Juli
Auf dem italienischen
Kriegsschauplätze wirkungslose feindliche Feuerüberfälle und
Störungsfeuer gegen rückwärtige Räume. Oberleutnant
Linke-Grawford erzielte seinen 27. Luftsieg.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 31. Juli
Im Gebiete des Sasso Rosso brachte
uns ein erfolgreiches Sturmtruppenunternehmen 25 Gefangene ein.
An der ganzen venezianischen Front sehr lebhafte
Fliegertätigkeit.
Der Chef des Generalstabes.