Österreichischer Heeresbericht über die Ereignisse an der Ostfront im September 1914:

Die Schlacht im Südosten

Wien, 1. September
Etwa drei Viertel aller verfügbaren russischen Kräfte ringen seit dem 21. August in über vierhundert Kilometer langer Schlachtfront gegen Österreich-Ungarns Heer; es ist ein beispielloser Kampf, dem die ganze Welt mit atemloser Spannung folgt, beispiellos sogar in diesen Wochen, deren unerhörte Kriegsereignisse sich an Riesenhaftigkeit überbieten und Geschehnisse unbeachtet lassen, die sonst lange und tiefe Erregung gezeitigt hätten. Wir haben die Aufnahmefähigkeit schon so sehr eingebüßt, daß nur allerstärkste Reize uns noch aufpeitschen können. Wir haben uns an tägliche Siege des deutschen Bruderreiches gewöhnt, selbst an den noch nie geahnten Stil ihrer Erkämpfung, wir haben große und kleine Armeen aller Feinde Deutschlands besiegt, geworfen, gefangen und verhaftet gesehen und finden es schon fast selbstverständlich, so sehr ist uns alles Maß der Beurteilung und ernsthafter Würdigung dieser gigantischen Leistungen verloren gegangen.
Nun kamen die ersten großen Kämpfe Rußlands gegen die Donaumonarchie; an die vorangegangenen Mißerfolge russischer Einbrüche hatte man sich auch schon gewöhnt; Husarenpatrouillen schlugen ganze Sotnien, Landsturmhäulein Detachements alle Waffen. Jetzt aber hält man den Atem an; man fühlt, jetzt fällt der ungeheuerste aller Riesenschläge, der Schlag gegen die Hauptmacht der russischen Gesamtarmee.
Es hat gut angefangen. Der geschlossene Riesenbogen der Umklammerung Galizens, wie sie sich nur Rußland in solcher Großartigkeit gestatten kann, ist im Westen zerbrochen; zehn Tage und viele Nächte dauerte das erbitterte, zähe Ringen, bis die russischen Korps - sieben bis acht dürften zwischen Weichsel und Bug eingesetzt worden sein - endlich in bedenkliche Nähe der Sumpf- und Seenzone des Wieprz-Gebietes geworfen wurden. Man muß russischerseits des Erfolges dieser Westarmee völlig sicher gewesen sein, denn die Gefahr des Geländes in ihrem Rücken ist bei unglücklichem Ausgang zu groß. Namentlich der Raum zwischen Wieprz und Bug ist nördlich der Linie Lublin - Cholm, zwei Eisenbahnknotenpunkten von hervorragender Bedeutung denkbarst ungünstig für jede, namentlich aber unter feindlicher Einwirkung stehende Rückzugsbewegung starker Kräfte. Zwei Tagemärsche tief und ebenso breit ist dieser schlimmste Teil eines Gebietes ohne bedeutende durchlaufende Kommunikationen, dessen Oberfläche an seinen trockenen Teilen mit großen unwegsamen Wäldern bestanden, sonst aber von großen Sümpfen und Seen erfüllt ist. Schon heute dürften zahlreiche Trainkolonnen hier zurückdisponiert worden sein, jede ernstere Verlegung durch Unfälle und Stockungen ist ebenso leicht möglich wie verhängnisvoll. Nun zeigt aber die österreichische Offensive eine ganz ausgesprochene Nordostrichtung; sie drängt dadurch die russischen Kräfte von dem günstigeren Gelände nächst der Weichsel ab und im Osten unmittelbar vor den Bug, der südlich Wlodawa beiderseits stark verkämpft ein schweres Hindernis bildet.
Es läßt sich natürlich heute noch nicht sagen, ob die schon nahe an die beschriebene Region gediehene Offensive der Armee Dankl schließlich diesen großen Schlußerfolg haben wird; die Russen haben sich vielleicht auch unter dem Eindrucke dieser ungeheuren Gefahr geradezu verzweifelt gewehrt und hierdurch die Stoßkraft der Unseren gewiß sehr herabgemindert. Haben aber die Österreicher noch so viel Atem, um den letzten Ruck zu tun, dann ist der Zusammenbruch der russischen Westarmee wohl möglich.
Es ist weiterhin eine gemeinsame Aktion der von Ostpreußen südöstlich vordringenden deutschen Korps mit den entgegenrückenden österreichischen Kräften östlich Warschau denkbar; die Art solcher Unternehmungen wird aber sehr davon abhängen, ob sich innerhalb des großen befestigten Raumes zwischen Warschau und Brest-Litowsk noch erhebliche mobile Kräfte befinden.
Die Hauptmacht der Russen befindet sich aber allem Anscheine nach in weitem Bogen von Norden nach Süden über Lemberg hinaus umfassend: die österreichisch-ungarischen Korps wurden zur Verkürzung der Operationsfront namentlich von der Zbruczlinie entsprechend westlicher versammelt, da der serbische Krieg immerhin bedeutende Heeresteile abzog. Die im Raume um Lemberg daher mit großer russischer Übermacht zu erwartenden Kämpfe, deren Gefechtsfront eine Länge von fast zweihundert Kilometern haben dürfte, sind seit sieben Tagen auf der ganzen Linie im Gange. Ein durchschlagender Erfolg ist bisher nirgends erzielt, die Kräfte scheinen sich die Waage zu halten.
Es kam anscheinend zu Methoden, die von den Russen im Kriege gegen Japan meisterhaft angewendet wurden: sofortige Befestigung jedes Teiles der Front unter dem Schutze der Nacht, partielle Vorstöße mit überlegenen Kräften gegen einen als empfindlich erkannten Teil des Gegners, kurz zum Versuche, ihn da und dort zu schwächen, überall zu beunruhigen und schließlich immer näher rückend zu überfallen. In Ostgalizien kommt den Russen ihre große Überlegenheit an Zahl bei diesem kräftesparenden System noch besonders zugute und es ist zu befürchten, daß die österreichischen Truppen, solchem langwierigen Positionskrieg gründlich abhold, öfters die Geduld verloren und ebenso kühne wie verlustreiche Vorstöße versuchten. Eine besonders schwere Aufgabe erwächst in diesem furchtbaren Kampfe der österreichischen Artillerie, die jeden Infanterieangriff erst durch gründliche Feuerwirkung gegen die russischen Schützengräben vorbereiten muß, da auch das andauerndste Infanteriefeuer gegen so gründlich gedeckte Infanterie nahezu wirkungslos bleibt.
Leider darf ein sehr schwerwiegender Nachteil für die österreichisch-ungarischen Truppen nicht unerwähnt bleiben: Sie kämpfen, obwohl mit ihrer Hauptfront in Galizien, in Feindesland. Ostgalizien ist fast ausschließlich von Ruthenen bewohnt und die jahrelange Agitation der Popen und Lehrer hat ihre Wirkung bei der tiefstehenden und urteillosen Bauernschaft nicht verfehlt. Die russische Armee ist mit Nachrichten nur zu gut bedient.

Das ungeheure, vor zehn Tagen begonnene Ringen der russischen Westarmeen mit den nacheinander einreisenden, stets vorrückenden Teilen des österreichischen linken Flügels scheint dem Ende nahe. Auf österreichischer Seite erstreckt sich jetzt die Kampffront 160 Kilometer lang von der Weichsel über den Wieprz zum Bug, die russischen Armeen langsam vor sich herschiebend in die Sumpfseenzone nördlich der Linie Lublin-Cholm; diese befindet sich nur noch einen oder zwei Tagemärsche im Rücken der Russen. Deren Trains dürften den Rückzug der Truppen auf den wenigen guten Straßen behindern, da die Wege vielfach Défilé-Charakter habe. Die russischen Westarmeen dürften auch bereits keine Möglichkeit eines Anschlusses an die Ostarmeen mehr haben.
Sicher ist bisher das volle Mißlingen der von der russischen Heeresleitung geplanten strategischen Umfassung der österreichischen Heere und ihr Umschlagen in das Gegenteil: Aufrollung und Abdrängung der russischen Westarmeen. Die Kämpfe dauern noch auf der ganzen 400 Kilometer langen Linie weiter. Die Lage der österreichisch-ungarischen Truppen ist gut.


Sieg der Armee Auffenberg

Wien, 2. September
Die einwöchige erbitterte Schlacht im Raum Zamosc-Tyszowcke führte gestern zum vollständigen Siege der Armee Auffenberg. Scharen von Gefangenen und bisher 160 Geschütze wurden erbeutet. Die Russen befinden sich im Rückzug über den Bug. Auch bei der Armee Dankl, die nun Lublin bedroht, sind ununterbrochene Erfolge zu verzeichnen.
In Ostgalizien ist Lemberg noch in unserem Besitz. Gleichwohl ist dort die Lage gegenüber dem starken und überlegenen russischen Vorstoß sehr schwierig.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Kämpfe von Lemberg

Wien, 3. September
Die Kämpfe vor Lemberg beweisen nicht nur meisterhafte einheitliche Kampfführung, sondern auch die hervorragende Disziplin und den hohen inneren Wert der dort engagierten österreichisch-ungarischen Truppen, da es sich mehrmals darum handelte, wegen der enormen Schwierigkeiten die Kämpfe gegen den übermächtigen Gegner in Ordnung abzubrechen, also den Gegner genügend zu schwächen, ohne eine Niederlage zu erleiden. Alle mir begegnenden Offiziere und Mannschaften aus der Front berichten übereinstimmend über ausgezeichnete Stimmung, Ordnung in der Verpflegung und Munitionsversorgung. Die Schwierigkeit liegt nur in der enormen Übermacht der Russen, bei denen bereits Reserveformationen im Kampfe sind und daher stets frische Kräfte heranrücken. Trotzdem beschränken sich die österreichisch-ungarischen Truppen keineswegs auf reine Verteidigung, sondern führen fortgesetzt Offensivstöße aus.
Die lange Dauer des Ringens der Westarmee um den schließlichen großen Sieg ist erklärlich aus den verzweifelten Kämpfen des in starken Stellungen gewesenen russischen Gegners, dann aus den Marschschwierigkeiten (tiefer Sand und Moräste). Die Umfassung der russischen Truppen und ihrer Reserven, die immer wieder eingriffen, bedingte stets neue zu erkämpfende Siege, bis schließlich der große Enderfolg kam. Die bisher Gefangenen werden auf dreißigtausend geschätzt, die Zahl der erbeuteten Geschütze auf zweihundertzehn, wozu Massen von Maschinengewehren kommen. Die österreichischen Verluste an Geschützen und Gefangenen sind minimal. Die sonstigen Verluste sind schätzungsweise geringer, als man befürchtete. Die sanitären Verhältnisse sind sehr befriedigend.
Man ist guten Mutes, die strategische Situation ist günstig.


Die Kämpfe im Südosten

Wien, 4. September
Aus dem Bereich der Armeen Dankl und Auffenberg wurden bisher 11600 Kriegsgefangene abgeschoben, etwa 7000 sind vorerst noch angekündigt. In der Schlacht an der Huczwa wurden, soweit bisher bekannt, 200 Geschütze, sehr viel Kriegsmaterial, zahlreicher Train, vier Automobile und die Feldkanzleien des 9. und 10. russischen Armeekorps mit wichtigen Geheimakten erbeutet. Der Feind ist in vollem Rückzuge. Unsere Armee verfolgt ihn mit ganzer Kraft.
Auf dem Kriegsschauplatz am Balkan drang die von Generalmajor Pongracz befehligte 3. Gebirgsbrigade, die schon einmal einen kühnen Vorstoß in das rauhe, kriegerische Montenegro erfolgreich durchgeführt hat, vor einigen Tagen von neuem gegen die auf den Grenzhöhen bei Bilek stehenden Montenegriner vor und warf die an Zahl überlegenen feindlichen Kräfte in mehrtägigem Angriff zurück, nahm ihnen dabei auch schwere Geschütze ab und degagierte durch die kühne Tat die von den Montenegrinern bedrängte Grenzbefestigung.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Räumung Lembergs

Wien, 5. September
Die österreichisch-ungarische Hauptarmee hat Lemberg und seine Umgebung geräumt, nicht nur weil dort die militärische Verteidigung Schwierigkeiten bietet, sondern auch weil die Behauptung dieses Punktes bei der allgemeinen strategischen Lage nicht mehr vorteilhaft erschien. Dabei spielte auch die Rücksicht mit, daß der Stadt eine durch strategische Notwendigkeiten keineswegs gerechtfertigte Beschießung durch die russische Artillerie erspart werden soll.
Die von der österreichischen Armeeleitung verfügte Räumung Lembergs war in der Nacht vom 3. auf den 4. September, von den Russen unbemerkt, beendet worden. Die Russen beschossen nämlich die verlassenen Positionen noch am 4. September während einiger Stunden. Jetzt ist wenigstens auf dem ostgalizischen Kriegsschauplatz die den Grenzkämpfen folgende Phase zu einem gewissen Abschluß gelangt.
Im großen und ganzen kann gesagt werden, daß in der Zeit vom 24. August bis zum heutigen Tage längs der ganzen ungeheuren Front, von der Weichsel bis zum Dnjestr, mit Aufbietung aller verfügbaren Kräfte, beiderseits hartnäckig gekämpft wurde. Wenige Tage ohne große Gefechte sind in diesen zwei blutigen Wochen zu verzeichnen, und auch sie dienten nur der Möglichkeit erneuter Kämpfe.
Der österreichische westliche Flügel und seine nach und nach auftretenden Verlängerungen gegen den Bug schreiten in derselben Zeit ungefähr in demselben Maße vorwärts, in welchem die österreichischen Ostarmeen weichen. Ich vermeide das verrufene Wort der "Rückwärtskonzentrierung", obwohl es hier wirklich am Platze wäre. Der Effekt dieser sehr interessanten Operation ist die zunehmende Totalschwenkung der ganzen Riesenfront aus anfänglich südöstlich verlaufender Richtung in eine mehr nordsüdliche, bei gleichzeitiger Verkürzung. Ein aufmerksamer Blick auf die Karte ergibt die strategischen Vorteile, die sich bei der jetzt geschaffenen Lage anstreben und vielleicht auswerten ließen, und manch anregende Kombination.
Die angriffsweisen Kämpfe der Österreicher und Ungarn gegen stark befestigte vorbereitete Stellungen um Lublin dauern fort. Um Lemberg herrscht auch heute volle Ruhe. Beide Armeen sind daselbst in Retablierung nach den achttägigem Kämpfen.
Die Schlacht bei Komarow spielte sich zum Teil auf einem Artillerieschießplatz der Russen ab, ein für diese günstiger Umstand.
Die Kämpfe um Lublin werden auch heute fortgesetzt.


Bombardement von Lemberg

Wien, 6. September
Am 3. September haben die Russen die in weitem Umkreise um die Stadt Lemberg errichteten Erdwerke beschossen. Unsere Truppen waren jedoch bereits abgezogen, um die offene Stadt vor einer Beschießung zu bewahren und weil auch operative Rücksichten dafür sprachen, Lemberg dem Feinde ohne Kampf zu überlassen. Das Bombardement richtete sich somit nur gegen unverteidigte Deckungen.
Die Armee Dankl ist neuerdings in heftigem Kampfe.
An der sonstigen Front herrscht nach der großen Schlacht der vergangenem Wochen verhältnismäßig Ruhe.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Kämpfe in Galizien

Wien, 7. September
Aus den schon gemeldeten abermaligen Kämpfen der Armee Dankl, gegen welche der Feind mit der Bahn namhafte Verstärkungen heranführte, wurde bekannt, daß speziell die Gruppe unter dem Befehl des Generalleutnants Kestranek einen starken Angriff der Russen blutig abwies und hierbei weitere 600 Gefangene einbrachte. Sonst herrscht auf den Kriegsschauplätzen, soweit bekannt ist, auch heute relative Ruhe

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Kämpfe um Lemberg

Wien, 10. September
Die österreichische Offensive im Raum um Lemberg schreitet erfolgreich vor. Der Armee-Oberkommandant Erzherzog Friedrich, der Generalstabschef Baron Conrad v. Hötzendorf und Erzherzog Karl hatten sich vom Hauptquartier auf das Schlachtfeld begeben, um persönlich die Entwicklung der Ereignisse zu verfolgen.


Die Kämpfe in Galizien und Serbien

Wien, 12. September
10. September, abends. Die Schlacht bei Lemberg dauert an. Unser Angriff gewinnt allmählich an Raum.
Die Nachrichten von dem südöstlichen Kriegsschauplatz lassen erkennen, daß Teile der serbischen Armee, während wir die Drina überschritten, in Syrmien einbrachen, wo die Abwehr eingeleitet worden ist.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Schlacht bei Lemberg abgebrochen

Wien, 13. September
In der Schlacht von Lemberg gelang es unseren an und südlich der Grodeker Chaussee eingesetzten Streitkräften, den Feind nach fünftägigem harten Ringen zurückzudrängen, an zehntausend Gefangene zu machen und zahlreiche Geschütze zu erbeuten. Dieser Erfolg konnte jedoch nicht voll ausgenutzt werden, da unser Nordflügel bei Rawaruska von großer Übermacht bedroht wurde, überdies neue russische Kräfte sowohl gegen die Armee Dankls als auch im Raume zwischen dieser Armee und dem Schlachtfelde von Lemberg vordrangen. Angesichts der sehr bedeutenden Überlegenheit des Feindes war es geboten, unsere schon seit drei Wochen fast ununterbrochen heldenmütig kämpfende Armee in einem guten Abschnitt zu versammeln und für weitere Operationen Bereitzustellen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Serben aus Südungarn vertrieben

Wien, 15. September
Berichten aus Nisch zufolge ist die innere Lage in Serbien verzweifelt. Die Serben geben ihre bisherigen Verluste auf 25 000 Mann an. Schrecklich ist der Hunger, welcher im Lande herrscht. Die serbische Regierung hat sich mit in Bulgarien ansässigen griechischen Lebensmittelhändlern wegen Lieferungen in Verbindung gesetzt. Trotz des Eingreifens der russischen Regierung hat Bulgarien die Ausfuhr der Ladungen nicht zugelassen, da sie das auf der Neutralität beruhende Ausfuhrverbot berührten. Alle größeren Orte sind mit Verwundeten überfüllt. Krankheiten richten Verheerungen in der Armee und der Bevölkerung an.


Die Kämpfe in Südosten

Wien, 16. September
Der Sieg an der Huczwa hatte eine Kriegslage geschaffen, die es ermöglichte, zu einem Angriffe gegen die in Ostgalizien eingebrochenen, sehr starken russischen Kräfte vorzugehen. In Erkenntnis der Notwendigkeit, unsere nach den Gefechten östlich Lemberg zurückgegangene Armee zu unterstützen, erhielt die in der Schlacht bei Komarow siegreich gewesene Armee den Befehl, gegen den geschlagenen Feind nach kurzer Verfolgung nur untergeordnete Kräfte zurückzulassen, ihr Gros aber in dem Raume Narol-Uhnow zur Vorrückung in der ihrer bisherigen Angriffsrichtung fast entgegengesetzten Direktion Lemberg zu gruppieren, was schon am 4. September durchgeführt war. Die Russen schienen nach dem Einzuge in die ihnen kampflos überlassene Hauptstadt Galiziens einen Flankenstoß in der Richtung Lublin vorzuhaben, wobei sie unsere hinter die Grodecker Teichlinie zurückgeführte Armee wohl vernachlässigen zu können glaubte. Indessen stand diese Armee bereit, in die zu erwartende Schlacht unserer nun von Norden gegen Lemberg anrückenden Armeen einzugreifen. Am 5. September war letztere Heeresgruppe bereits über die Bahnstrecke Rawaruska-Horynice hinausgelangt. Sich weiterhin mit dem linken Flügel im Raum von Rawaruska behauptend, schwenkte sie mit dem rechten Flügel am 6. September bis Kunriki, trat am 7. September in einen ernsten Kampf gegen starke nordwärts vorgeschobene feindliche Kräfte. Mit Tagesanbruch des 8. September begann auf der 70 Kilometer breiten Front Komarow-Rawaruska unser allgemeiner Angriff, der bis zum 11. September durchaus erfolgreich, namentlich am südlichen Flügel. nahe an Lemberg herangetragen worden ist. Trotz dieser Erfolge ist es notwendig geworden, eine neue Gruppierung unseres Heeres anzuordnen, weil sein Nordflügel bei Rawaruska bedroht war und frische, weit überlegene russische Kräfte sowohl gegen die vorwärts Krasnik kämpfende Armee als auch in dem Raume zwischen dieser und dem Schlachtfelde von Lemberg vorgingen. In den schweren Kämpfen östlich Grodek am 10. September waren die Erzherzöge Armeekommandant Friedrich und Karl Franz Josef bei der dort angreifenden Division. Wie in allen bisherigen Schlachten und Gefechten haben unsere braven, nun schon seit drei Wochen ununterbrochen kämpfenden Truppen auch vor Lemberg ihr Bestes geleistet und ihre Bravour und Tüchtigkeit abermals erwiesen. In der fünftägigen Schlacht hatten beide Teile schwere Verluste; namentlich bei Rawaruska wurden mehrere Nachtangriffe der Russen blutig abgeschlagen. Gefangene Russen, darunter viele Offiziere, wurden wieder in Massen eingebracht. Aus Ausweisen unserer leitenden Etappenbehörden geht hervor, dass bisher 41000 Russen und 8000 Serben in das Innere der Monarchie abgeschoben worden sind; bisher wurden über 300 Feldgeschütze im Kampfe erobert. - Resumierend kann hervorgehoben werden, daß unsere Armee bisher in aktivster Weise in heldenmütigstem Kampfe dem numerisch überlegenen, tapferen und hartnäckig kämpfenden Feinde erfolgreich entgegentreten konnte.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Niederlage der Serben

Wien, 16. September
Nach amtlicher Mitteilung sind die über die Save eingedrungenen Serben seit gestern Abend aus Syrmien und dem Banat vollständig vertrieben. Der Vertreibung vorangegangen ist, gleichfalls nach einer amtlichen Meldung, ein erbitterter Kampf bei Altpazua, wo etwa 12000 Serben verschanzt waren. Etwa 3000 von ihnen wurden getötet und verwundet, etwa tausend gefangen. Zahlreiche Geschütze und Munition der Serben wurden erbeutet. 8000 Mann flüchteten im Dunkel der Nacht über die Save nach Serbien zurück.
Der Einfall der Serben nach Syrmien hat diese in den letzten Woche insgesamt 8000 Tote und 7000 Verwundet. gekostet.


Der Zusammenbruch der serbischen Offensive  

Wien, 18. September
Serbien versucht durch Nachrichten über Niederlagen der österreichisch-ungarischen Truppen im Auslande Stimmung zu machen. Demgegenüber braucht nur auf die amtlichen Presse-Communiques verwiesen zu werden. Hiernach überschritten wir die Drina und haben alle Versuche des Feindes, in Syrmien und im Banat Fuß zu fasset vollständig und erfolgreich abgewiesen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Der Armeebefehl des General Dankl

Wien, 19. September
Der Armeekommandant Dankl hat am 14. September einen Armeebefehl erlassen, in dem es heißt:
Die brave Erste Armee hat eine außerordentlich schwierige Operation glänzend erledigt. Bei Krasnik und vor Lublin habt Ihr die Russen entscheidend geschlagen. Dann habt Ihr zwei Wochen hindurch bei Tag und Nacht mit einem in festungsähnlichen Stellungen stehenden Feind gekämpft und seine ungezählten Angriffe stets erfolgreich abgewiesen. Nachdem die Russen sich täglich verstärkten und schließlich mindestens doppelt so stark waren als wir, stellten wir unsere Angriffe freiwillig ein, um Schulter an Schulter mit unseren übrigen Armeen, die sich uns anschließen, weiter zu kämpfen. Auch der Marsch durch Sümpfe und Wälder stellte ungeheure Anforderungen an Euch alle; aber auch diese Sache gelang dank Eurer Ausdauer und Zähigkeit. Die Russen haben kaum gewagt, Eure Märsche zu stören, und so steht denn die Erste Armee heute in dem ihr anbefohlenen Raume.
Ich danke allen Angehörigen meiner heldenmütigen Ersten Armee für das, was sie bisher in jeder Richtung Hervorragendes geleistet haben. Der Krieg hat bisher große Anforderungen gestellt, sie werden auch in Zukunft nicht kleiner sein. Aber Ihr Soldaten der Ersten Armee, Ihr werdet sie alle standhaft und erfolgreich überwinden zum Wohle des Vaterlandes und zum Ruhme unseres erhabenen Kaisers und Königs.


Österreichische-Ungarische Erfolge in Serbien

Wien, 23. September
Soeben angelangte Nachrichten vom Balkan-Kriegsschauplatz lassen erkennen, daß nunmehr die beherrschenden Höhen westlich Krupanj (Jogodajah, Biljeg, Crny), um welche tagelang erbittert gekämpft wurde, sämtlich in unserem Besitz sind und daß hier der Widerstand der Serben gebrochen wurde. Daß es wegen der Kämpfe des Gros unserer Balkan-Streitkräfte einzelnen serbischen oder montenegrinischen Banden gelingen konnte, in jene Gebiete vorzudringen, wo nur wenige Gendarmen und die unumgänglich nötigen Sicherheitsbesatzungen zurückgeblieben sind, kann bei dem Charakter des Landes niemand überraschen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Russen in Ungarn - Neue österreichisch-russische Kämpfe

Wien, 27. September
Das "Ungarische Korrespondenzbureau" ist von kompetenter Seite ermächtigt, folgendes bekanntzugeben: Bei dem Uzsoker Paß ist gestern eine mehrere tausend Mann starke russische Truppenabteilung eingedrungen, die bei Malomret zwischen Fenyveswoelgy und Csontos zurückgeschlagen wurde. Im Marmoroser Komitat sind bei Tornya ebenfalls Plänkeleien mit dort eingebrochenen russischen Truppen und unseren zum Grenzschutz befohlenen Truppen im Gang. Von Munkacs und Hußt sind größere Truppenabteilungen unterwegs, um die Unseren zu unterstützen. Alle diese Grenzplänkeleien sind von geringrer Bedeutung und geben, da wir bei der Grenze und im Landesinnern über genügende Truppen verfügen, keinen Anlaß zur Besorgnis.


Gemeinsame Offensive der Deutschen, Österreicher und Ungarn 

Wien, 29. September
Angesichts der von den verbündeten deutschen und österreichisch-ungarischen Streitkräften eingeleiteten neuen Operationen sind beiderseits der Weichsel
rückgängige Bewegungen des Feindes im Zuge. Starke russische Kavallerie wurde unsererseits bei Biecz zersprengt. Nördlich der Weichsel werden mehrere feindliche Kavalleriedivisionen vor den verbündeten Armeen hergetrieben.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Am 28. September trat nach mehr denn vierzehntägigen hartnäckigen Kämpfen, in deren Verlauf die Unsrigen die Drina und die Save neuerdings überschritten, auf dem südöstlichen Kriegsschauplatze eine Operationspause ein. Die Österreicher stehen auf serbischem Territorium und behaupten sich vorerst in den blutig errungenen Positionen gegen unausgesetzte heftige Angriffe. Diese enden stets mit bedeutenden Verlusten des Gegners. In den letzten Kämpfen wurden vierzehn Geschütze und mehrere Maschinengewehre erbeutet. Die Zahl der Gefangenen und Überläufer ist bedeutend. Die Nachrichten über eine serbisch-montenegrinische Offensive nach Bosnien sind durch den Einfall untergeordneter Kräfte in das Gebiet der Sandschakgrenze hervorgerufen worden. Maßregeln zur Säuberung des Gebiets sind unverzüglich getroffen worden.

Der Kampf mit Russland

Wien, 30. September
Der Oberkommandant Erzherzog Friedrich erläßt einen Armeebefehl, in dem es unter anderem heißt:
"Die Situation ist für uns und für das deutsche Heer günstig. Die russische Offensive in Galizien ist im Begriff zusammenzubrechen. Gegen Frankreich steht ein neuer großer Sieg bevor. Auf dem Balkan-Kriegsschauplatz kämpfen wir gleichfalls in Feindesland. Innere Unruhen, Aufstände, Elend und Hungersnot bedrohen unsere Feinde im Rücken, während die Monarchie und das verbündete Deutsche Reich einig und in starker Zuversicht dastehen, um diesen uns freventlich aufgezwungenen Krieg bis ans siegreiche Ende durchzukämpfen."

 



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