Österreichischer Heeresbericht über die Ereignisse im August 1914:

1. August
Deutsche Kriegserklärung an Russland. Frankreich ordnet die Mobilmachung an.


3. August
Deutsche Kriegserklärung an Frankreich und deutscher Einmarsch in Belgien.

 

Italiens Haltung

Rom, 3. August
Die "Tribuna" meldet:
Gesten Mittag begab sich der deutsche Botschafter in die Consulta und teilte dem Minister des Äußern amtlich mit, daß Deutschland und Rußland sich im Kriegszustand befänden. Di San Giuliano nahm von der Mitteilung Kenntnis und erklärte daß Italien gemäß dem Geiste und dem Wortlaute des Dreibundvertrages Neutralität beobachten werde. Er drückte dabei die freundschaftlichsten Gefühle für Deutschland und Österreich aus. Der Botschafter machte keine Mitteilung über die gegenwärtigen deutsch-französischen Beziehungen.


Der russische Botschafter in Wien

Wien, 3. August
Der russische Botschafter Schebeko erschien heute im Ministerium des Äußern und wurde vom Gesandten Grafen Forgach empfangen. Schebeko hat bisher seine Pässe nicht erhalten.


Die Italiener

Rom, 4. August
Die "Agenzia Stefani" veröffentlicht eine Erklärung des Ministerrates, die hervorhebt, daß,
da einige Mächte sich im Kriegszustand, Italien sich aber im Friedenszustand mit allen kriegführenden Mächten befinde, die Regierung und die Bürger verpflichtet seien, die Pflichten der Neutralität zu beobachten.
Die genannte Agentur kündigt sodann die Einberufung der ersten Kategorie der Jahrgänge 1889 und 1890 der Armee für den 8. August, sowie der Jahrgänge 1889 und 1890 der
Marine an. Außerdem werden einberufen sieben Jahrgänge der Unteroffiziere, und zwar der Maschinisten, Heizer, Steuerleute und Elektriker der Marine und das ganze kriegsdienstpflichtige Signalpersonal.



4. August
Großbritannien, Garantiemacht der belgischen Neutralität, betrachtet sich als im Kriegszustand.


Österreichs Aktion in Serbien

Wien, 5. August
Berichte der an der serbischen Grenze stehenden Truppen lassen erkennen, daß eine erhöhte Tätigkeit einzutreten beginnt. Bei Belgrad suchten serbische Festungsgeschütze der oberen und unteren Festung und der benachbarten Höhen durch heftiges Feuer die Bewegungen am diesseitigen Ufer und die Schiffahrt auf der Save und der Donau zu verhindern. Dieses veranlaßte die österreichischen Truppen gestern, das Artilleriefeuer zu eröffnen. Der Kampf endete damit, daß die serbischen Geschütze zum Schweigen gebracht wurden. Die Festungswerke sind schwer beschädigt, die Stadt blieb vollkommen verschont. An der Drina herrscht Ruhe. Sehr lobend wird die Tätigkeit der im Sicherheitsdienste verwendeten Truppen, insbesondere der Infanterie und Grenzjäger hervorgehoben.


Österreichische Kriegserklärung an Russland

Wien, 6. August
Eine Extraausgabe der "Wiener Zeitung" meldet: Auf Grund einer Allerhöchsten Ermächtigung wurde am 5. August der österreichisch-ungarische Botschafter in Petersburg beauftragt, an den russischen Minister des Äußern sollende Note zu überreichen:
Im Auftrage seiner Regierung beehrt sich der unterzeichnete österreichisch-ungarische Botschafter Seiner Exzellenz dem russischen Minister des Äußern folgendes zur Kenntnis zu bringen: Im Hinblick auf die drohende Haltung Rußlands in dem Konflikt zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und Serbien sowie angesichts der Tatsache, daß Rußland infolge dieses Konfliktes nach einer Mitteilung des Berliner Kabinetts die Feindseligkeiten gegen Deutschland eröffnen zu sollen glaubte und dieses sich somit im Kriegszustand mit der genannten Macht befindet, sieht sich Österreich-Ungarn ebenfalls als im Kriegszustand mit Rußland befindlich an.

Prag, 6. August
Bei dem Statthalter erschien eine Deputation, welche im Namen von 166 tschechischen Bezirksvertretungen und den dazu gehörigen Gemeinden die Versicherung unbedingter Loyalität und Hingabe an den Kaiser, sowie die Erklärung abgab, alles tun zu wollen, was im Interesse des Reiches gelegen sei.


Grenzgefechte in Österreich-Ungarn

Wien, 7. August
Die Grenze von Mittelgalizien war gestern und heute der Schauplatz zahlreicher kleinerer Kämpfe. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Kriegserklärung versuchten russische Kavalleriepatrouillen und -abteilungen über die Grenze vorzubrechen. Sie wurden jedoch zum Rückzug genötigt. Auch an der Grenze von Ostgalizien kam es zu kleinen Kämpfen, insbesondere bei Podogloczynska, wo sich ein österreichischer Posten gegen eine bedeutende Überlegenheit behauptete. Auf österreichischer Seite blieben zwei Tote und drei Verwundete. Die Russen verloren 20 Tote. Bei Nowosielitzo erstürmten österreichische Truppen die Höhe von Mohilo, wo sich ein russischer Kordonposten in gutverschanzter Stellung befand. Obgleich der Feind Verstärkungen erhielt, behaupteten die österreichischen Truppen den eroberten Posten gegen wiederholte russische Angriffe.
Gestern Nachmittag fuhr ein Patrouillenboot gegen die Stelle unterhalb der Drinamündung, wo die Serben eifrig an Befestigungen arbeiteten. Zwanzig Meter vom Ufer entfernt schwang sich ein Marineunteroffizier der Donauflottille, mit drei Kilogramm Ecrosit beladen, über Bord, schwamm an Land, ereichte unbemerkt die Befestigungen, schaffte die Sprengladung hinein und brachte sie mit einer Zugschnur zur Explosion. Die Serben eilten herbei und eröffneten das Feuer, sie wurden aber von der Mannschaft des Bootes mit Schnellfeuer empfangen, das vier Feinde niederstreckte, während der Marineoffizier schwimmend das Boot unversehrt wieder erreichte.


Kriegserklärung Montenegros

Wien, 7. August
Die montenegrinische Regierung teilte dem österreichischen Gesandten Otto mit, daß Montenegro sich im Kriegszustande mit Österreich-Ungarn befindlich betrachte. Der österreichische Gesandte hat Cetinje verlassen.


Erfolge gegen Russland

Wien, 9. August
Die bis Mjechow etwa dreißig Kilometer nördlich von Krakau vorgedrungenen österreichischen Truppen setzten die Offensive fort und besetzten bis zum Abend die Ortschaften ungefähr 40 Kilometer nordwärts. Die bisher an der Weichsel stehenden Grenztruppen überschritten den Fluß und setzten sich am jenseitigen Ufer fest. In Ostgalizien bemächtigten sich die Österreicher der auf feindlichem Gebiete gelegenen Ortschaften Radzivilow, eines Grenzbahnhofs im östlichen Galizien und Nowosieliza bei Czernowitz, der Bezirkshauptstadt der Bukowina. Sämtliche Versuche von feindlichen Reiterpatrouillen, in Ost- und Mittelgalizien einzufallen, werden abgewehrt. Bei Zalozce zwischen Brody und Tarnopol wurden bei der Zurückwerfung feindlicher Reiter vier Kosaken getötet und zwei verwundet.


Eine montenegrinische Aktion

Wien, 9. August
Die Montenegriner beschossen Cattaro und stellten das Feuer, das von den Österreichern erwidert wurde, um 6 Uhr abends wieder ein. Die Österreicher hatten keine Verluste. Das Feuer der Montenegriner war völlig wirkungslos. Die Stellungen der Österreicher wurden nicht beschädigt.


Aufruf des österreichischen Oberkommandos an die Polen Russlands

Wien, 9. August

Das Oberkommando der österreichisch-ungarischen Armee richtete einen Aufruf an die russischen Polen, worin es heißt:

Die verbündeten österreichisch-ungarischen und deutschen Armeen überschreiten die Grenze. Hiermit bringen wir Euch Polen die Befreiung vom moskowitischen Joch. Begrüßt unsere Fahnen mit Vertrauen. Sie bringen Euch Gerechtigkeit. Die Schranken zu sprengen, die Euren Verkehr mit den Errungenschaften der westlichen Kultur behindern, und Euch alle Schätze des geistigen und wirtschaftlichen Aufschwunges zu erschließen, ist die wichtige Aufgabe, die uns aus diesem Feldzug erwächst.


Die Blockade der montenegrinischen Küste

Wien, 12. August
Gestern Mittag wurde über die montenegrinische Küste die effektive Blockade verhängt. Den Schiffen der befreundeten und neutralen Mächte wurde eine vierundzwanzigstündige Auslauffrist gewährt. Den ausländischen diplomatischen Vertretungen in Wien wurde die
Blockade notifiziert
.

Rom, 12. August
Österreich teilte der italienischen Regierung freundschaftlich mit, daß es die montenegrinische Küste blockieren werde. Italien erhebt keinen Einspruch.


Englands Kriegserklärung an Österreich-Ungarn

Wien, 13. August

Heute Mittag 1½ Uhr ist der englische Botschafter im Ministerium des Auswärtigen erschienen und hat erklärt, daß sich England von gestern (Mittwoch Mitternacht) an als mit Österreich-Ungarn im Kriegszustand befindlich betrachte. Gleichzeitig hat der Botschafter seine Pässe gefordert.

Das Wiener Corr.-Bureau teilt mit, daß die englische Kriegserklärung in folgender Form erfolgt ist. Der Botschafter Großbritanniens erschien im Ministerium des Äußern, um zu erklären, daß Frankreich sich als im Kriegszustand mit Österreich-Ungarn befindlich betrachte,  da dieses den Bundesgenossen Frankreichs, Rußland bekämpfe und Frankreichs Feind, das Deutsche Reich, unterstütze. Zugleich erklärte der Botschafter, daß mit Rücksicht auf das Verhalten Frankreichs auch Großbritannien sich als im Kriegszustande mit der Monarchie befindlich betrachte.


Vom östlichen Kriegsschauplatz

Wien, 16. August
Unsere Truppen haben am 14. August nach heftigen Kämpfen den Feind aus einer seit langer Zeit befestigten, stark besetzten Aufstellung auf den östlichen Uferhöhen der Drina nächst Ljesnica geworfen. Hier sowohl wie bei Schabatz wurden am 14. August nachmittags und in der Nacht zum 15. August zahlreiche mit großer Tapferkeit geführte Gegenangriffe der Serben abgewiesen. Heute haben unsere Truppen das Vorrücken fortgesetzt; eine Fahne, zwei Geschütze und zwei Maschinengewehre wurden erbeute. Die Verluste des Feindes sind schwer, doch auch unsere Verluste sind nicht unbeträchtlich. Montenegrinische Streitkräfte, die auf unser Gebiet einzudringen versuchten, wurden allenthalben zurückgeworfen.
Im Norden gingen unsere Truppen westlich der Weichsel vor. Auch östlich der Weichsel sind wir bereits im Vordringen begriffen.


Die Haltung Italiens

Berlin, 16. August
Die von dem italienischen Geschäftsträger in Berlin, der den nach Rom gereisten Botschafter Bollati vertritt, im Namen seiner Regierung erlassene Erklärung, daß die Ausstreuungen, Italien nehme gegenüber Deutschland und Österreich-Ungarn eine wenig freundliche Haltung ein, unbegründet seien, laßt den Schluß zu, daß die starken französischen und englischen Einflüsse, die Italien von seiner Neutralität abbringen sollen, bis jetzt erfolglos geblieben ist. Inzwischen ist Botschafter Bollati in Rom eingetroffen und wird über den tatsächlichen Stand der Dinge auf dem Kriegsschauplatz Klarheit verbreiten.


Ein österreichischer Sieg

Wien, 17. August
Die gestern gemeldeten Kämpfe an der Drina führten zu einem entscheidenden Siege der österreichischen Truppen über starke feindliche Kräfte, die gegen Valjewo zurückgeworfen wurden. Es wurden zahlreiche Gefangene gemacht und viel Kriegsmaterial erbeutet. Die Verfolgung des Feindes ist im vollsten Gang. Unsere Truppen kämpften mit bewunderungswürdiger Tapferkeit gegen den in starken Stellungen befindlichen, an Stärke ebenbürtigen Feind. Besondere Erwähnung verdient das Varasdiner Infanterie-Regiment Nr. 16, dessen Offiziere und Mannschaften unter den schwierigsten Verhältnissen mit der altbewährten zähen Tapferkeit der stets kaisertreuen Kroaten zum Siege stürmten.
Die montenegrinischen Truppen haben seit zwei Tagen in der Umgebung des Berges Lisanitz in der Gegend von Grahowo gegen bedeutende österreichische Streitkräfte gekämpft; die Verluste der Montenegriner in diesem Kampfe betrugen bisher 45 Tote und Verwundete. Das 16. österreichische Armeekorps greift die Westgrenze Montenegros auf der Linie Kriwatza-Grahowo an. Das 15. österreichische Korps marschiert auf die Linie Tschainitsy-Gateko. Die österreichische Flotte bombardiert die montenegrinischen Stellungen auf dem Lowtschen.


Vom österreichisch-russischen Schauplatz

Wien, 18. August
Im Regimentskommandobefehl des Regiments Hoch- und Deutschmeister, der den Tod des Kommandanten Obersten Baron Holzhausen meldet, heißt es: "Den herben Verlust, den unser Regiment durch den Tod seines innigstgeliebten Regimentskommandanten erlitten, werden wir nicht ungerächt lassen, und Offiziere wie Mannschaften schwören bei unserer Regimentsfahne, für das große Opfer eine vielfache Vergeltung zu üben."
Bei Tarnow überschreiten tagtäglich größere und kleinere Abteilungen russischer Deserteure aller Waffengattungen, besonders ukrainische Kosaken, die Grenze und übergeben sich
unseren Truppen. Die Deserteure erzählen, daß die Fahnenflucht im russischen Heere immer größeren Umfang annehme.


Zur Einnahme von Schabatz

Wien, 19. August
Ungarische Blätter erfahren Einzelheiten über die Einnahme von Schabatz, aus denen hervorgeht, daß Frauen und Kinder aus alten Karabinern schossen und Bomben warfen, ohne jedoch viel Unheil anzurichten. Serbische Soldaten schossen auf Abteilungen des Roten Kreuzes und auf Ärzte. Scharenweise schwammen serbische Soldaten in vollständiger Ausrüstung durch die Save, die Donau und die Drina zu den Österreichern herüber, so daß in kurzer Zeit 500 serbische Deserteure eingefangen wurden. Die Soldaten hoben hervor, wie glänzend sich die österreichischen Geschütze bewähren, welche eiserne Disziplin bei den Österreichern herrsche und wie sparsam sie mit der Munition umgingen.


Der Geburtstag Kaiser Franz Josephs

Wien, 21. August
Der Armee-Oberkommandant, Erzherzog Friedrich, richtete an den Kaiser anläßlich dessen Geburtstags folgendes Glückwunschtelegramm:
Im Namen der mir durch die Allerhöchste Gnade Ew. Majestät unterstellten gesamten Land- und Seestreitkräfte der Monarchie bitte ich Ew. Majestät, anläßlich des heutigen Allerhöchsten Geburtsfestes unsere alleruntertänigsten, aus treuestem Soldatenherzen kommenden Glück- und Segenswünsche der gesamten Wehrmacht entgegenzunehmen. Zu hartem Kampfe gerüstet, im Norden und Süden mit den Spitzen schon in Feindesland blicken Armee und Flotte heute wie seit fast 70 Jahren in begeisterter Huldigung zu Ew. Majestät auf, ihrem erlauchten Vorbild unentwegter treuester Pflichterfüllung. Armee und Flotte erheben heute mit doppelter Inbrunst den Blick zu Gott dem Allmächtigen und flehen in heißem Gebet seinen Schutz und reichsten Segen auf das ehrwürdige, geheiligte Haupt Ew. Majestät, unseres allverehrten, allergnädigsten Kaisers und Königs herab. Eingedenk ihrer großen Traditionen erheben Armee und Flotte heute aber auch die blanke, scharfe Wehr zum Himmel und erneuern hochgemuten, freudigen Herzens den von unseren Vorfahren auf unzähligen Schlachtfeldern besiegelten, auch diesmal schon von manchem Kameraden erfüllten Soldateneid, in den Stürmen der Schlachten, in Not und Tod treu bis zum letzten Atemzuge zu stehen oder in Ehren zu sterben für Österreich-Ungarns Ruhm und Größe, Gut und Blut freudig hinzugeben für Ew. Majestät, unseren allergnädigsten Kriegsherrn, für unser geliebtes Vaterland. Wir alle erbitten uns die allerhöchste Gnade, Ew. Majestät huldigen zu dürfen mit dem begeisterten Jubelruf: Gott segne, Gott erhalte und beschütze Ew. Majestät, unseren heißgeliebten, allergnädigsten Kaiser, König und Kriegsherrn.

Der Kaiser hat Erzherzog Friedrich folgendes Antworttelegramm zugehen lassen:
Der Beginn des 85. Jahres meines der Wohlfahrt meiner Staaten und dem Gedeihen meiner Wehrmacht gewidmeten Lebens fand durch die mich tief ergreifende Beglückwünschung, welche Ew. Hoheit mir im Namen aller Ihnen unterstellten Streitkräfte zu Lande und zur See ausdrückten, eine besondere Weihe. In dem Sturm, der die Monarchie umbraust, sehe ich aufrecht, tapfer und todesmutig die gesamte Wehrmacht, mächtig begeistert, wie die Völker, deren kriegspflichtige jugendliche Blüte nicht bloß, sondern auch deren männlich gereiften, älteren Teil sie umfaßt. Ihnen und allen Führern, die mein Vertrauen und der Segen des Vaterlandes geleitet, sowie allen Braven, die kämpfen für Österreich-Ungarns Ehre und Bestand, allen sage ich meinen wärmsten Dank, allen sende ich den Herzensgruß ihres Kriegsherrn. 


Die österreichisch-ungarischen Aktionen

Wien, 22. August
Mit dem Eingreifen Rußlands in den Kampf zwischen Österreich-Ungarn und Serbien waren wir genötigt, unsere ganze Kraft für den Hauptkampf im Nordosten zusammenzufassen. Damit wurde der von der Öffentlichkeit vielfach als Strafexpedition aufgefaßte Krieg gegen Serbien von selbst zu einer die Hauptentscheidung kaum berührenden Nebenaktion. Nichtsdestoweniger ließen die allgemeine Lage und die Nachrichten über den Gegner eine Offensivaktion zweckmäßig erscheinen, die aber mit Rücksicht auf die vorstehend dargelegten Gesichtspunkte nur als ein kurzer Vorstoß auf das feindliche Gebiet gedacht war, nach dessen Gelingen notwendigerweise zu der früheren zuwartenden Haltung zurückzukehren war, um bei Gelegenheit abermals zum Schlage auszuholen. Dieser kurze Offensivstoß erfolgte denn auch zwischen dem 13. und dem 18. August durch einen Teil der im Süden verwendeten Kräfte mit hervor ragender Tapferkeit und Bravour und führte dazu, daß er fast die ganze serbische Armee auf sich zog, deren mit großer numerischer Überlegenheit geführte Angriffe unter schwersten Opfern an dem Heldenmut unserer Truppen scheiterten. Daß auch diese zum Teil bedeutende Verluste erlitten, ist bei dem an Zahl weit überlegenen und um seine Existenz kämpfenden Gegner nicht zu verwundern. Als unsere auf dem serbischen Gebiete weit vorgedrungenen Truppen am 19. ds. abends nach erfüllter Aufgabe den Befehl erhielten, wieder in ihre ursprüngliche Stellung an der unteren Drina und Save zurückzukehren, ließen sie auf dem Kampfplatze einen vollständig erschöpften Gegner zurück. Unsere Truppen halten heute die Höhen auf serbischem Boden und den Raum um Schabatz besetzt. Im südlichen Serbien befinden sich die aus Bosnien dorthin vorgedrungenen österreichisch-ungarischen Truppen unter fortwährenden Kämpfen im Vorgehen in der Richtung auf Valjewo. Wir können voller Beruhigung den weiteren Ereignissen entgegensehen, deren Verlauf das Vertrauen rechtfertigen wird, dessen unsere unter den schwierigsten Verhältnissen kämpfenden und mit einer Laien undankbar erscheinenden Aufgabe betrauten braven Truppen vom 13. bis 19. sich wieder in vollständigem Maße würdig gezeigt haben.

Eine in der Richtung auf Sokal (Galizien) vorgedrungene Kosaken-Division, verstärkt durch Infanterie, wurde gestern von unseren Truppen angefallen und nach kurzem Kampfe geschlagen, wobei eine Brigade vollkommen zersprengt wurde. Es wurden zahlreiche Gefangene gemacht und viel Kriegsmaterial erbeutet.

Die Blätter melden: Die Lemberger Statthalterei veröffentlicht folgendes Communiqué: Die feindliche Kavallerie, die sich gestern in den Grenzgegenden im Norden von Lemberg bewegte, ist auf der ganzen Linie zurückgeworfen worden. Sie zog sich fluchtartig zurück. Auf feindlicher Seite ist ein General gefallen; ein General ist verwundet ins Garnisonhospital in Lemberg übergeführt worden. Der Feind hatte viele Tote und Verwundete; auch sind viele Gefangene gemacht worden.

Die Zeitung "Czas" meldet:
Zwischen der österreichisch-ungarischen Armee und russischer Kavallerie hat bei Kielce ein Kampf stattgefunden. Die Russen wurden geschlagen und mußten Kielce räumen.

Auf dem Vormarsch nach Valjevo haben unsere Truppen östlich von Visegrad-
Dudo-Evat 30 serbische Bataillone mit zahlreicher Artillerie nach hartnäckigem Kämpfen vorgestern und gestern auf der ganzen Linie geworfen.


Der Krieg gegen Serbien 

Wien, 23. August
Aus Sarajewo wird gemeldet: Nach Erzählung von Verwundeten wurden die gemeldeten für Österreich-Ungarn siegreichen Kämpfe bei Visegrad und Rudo mit großer Hartnäckigkeit geführt. Unsere Truppen kämpften mit einer bewundernswerten Bravour und brachten dem Feinde enorme Verluste bei, was daraus hervorgeht, daß in einem Schützengraben allein 500 Serben tot gefunden wurden. Daß auch wir namhafte Verluste haben, ist der Tollkühnheit und Todesverachtung zuzuschreiben, mit der sich unsere Truppen auf den Feind warfen. Sie sind nach Versicherung unserer Offiziere einfach nicht zu halten, und der Bajonettsturm ist ihre liebste Kampfesweise.


Ein Seegefecht in der Adria

Wien, 23. August
Laut einer offiziellen Nachricht aus Cetinje haben sich von dem österreichisch-ungarischen kleinen Kreuzer "Zenta", der am 16. August im Kampfe mit der französischen Flotte untergegangen ist, 14 Stabs- und 170 Mannschaftspersonen, darunter 50 Verwundete, auf montenegrinischen Boden gerettet. Alle sonst in der ausländischen Presse verbreiteten Nachrichten über Verluste der österreichischen Kriegsmarine, die mit Seegefechten in der Adria im Zusammenhange stehen sollen, sind vollkommen aus der Luft gegriffen.
Wir können nur unserer Freude Ausdruck geben über das heldenmütige Verhalten dieses kleinen Kreuzers, der mit geringem Deplacement und geringer Bestückung einer großen Übermacht gegenüber im Geiste Tegetthoffs sich heldenmütig geschlagen hat.


Österreich-Ungarn siegreich in Russland

Wien, 25. August
Die Offensive unserer Truppen drängt beiderseits der Weichsel unaufhaltsam vor. Westlich des Flusses haben unsere Kräfte im Anschluß an die deutschen Verbündeten unter kleinen Kämpfen die Lysagora überschritten. Sie erreichten gestern den Abschnitt des Kamionkaflusses zwischen Kielce und Radom. Östlich der Weichsel warfen unsere siegreich vordringenden Kräfte am 23. August bei Krasnik auf dem Wege nach Lublin eine starke Gruppe zweier russischer Korps zurück. Über tausend Russen, darunter viele Offiziere, fielen unverwundet in unsere Hände, auch wurde eine Anzahl Fahnen, Maschinengewehre und Geschütze erbeutet.
Ein Vorstoß von 20000 Russen, größtenteils Reiterei, gegen die Grenze der Bukowina wurde bei Nowosielitza vollständig zurückgeschlagen. Dem Feind wurden mehrere hundert Gefangene abgenommen. In überstürztem Rückzuge ließen sie auf dem Kampfplatze viele Kriegsgeräte zurück.


Großer Sieg der österreichisch-ungarischen Truppen bei Krasnik

Wien, 26. August
Die dreitägige Schlacht bei Krasnik endete gestern mit einem völligen Sieg unserer Truppen. Die Russen wurden auf der ganzen etwa 70 Kilometer breiten Front geworfen und haben fluchtartig den Rückzug gegen Lublin angetreten.

Die Kämpfe um Krasnik sind von weittragender Bedeutung. Sie waren eine dreitägige Schlacht mit siebzig Kilometer Front, an der also vermutlich eine große Zahl russischer Korps teilnahmen. Sie endeten gestern mit allgemeiner Flucht der Russen, also einem völligen Mißlingen des geplanten Schutzes Lublins. Die österreichisch-ungarische Offensive und die Verfolgung der fliehenden Russen sind in weiterem raschen Fortschreiten begriffen. Die Folgen des Sieges bei Krasnik sind noch garnicht zu übersehen.

In ganz Wien hat die frohe Kunde vom großen Sieg unserer Armee bei Krasnik den größten Jubel ausgelöst. Zahlreiche Gebäude haben schwarzgelbe Fahnen gehißt.
Aus Lemberg wird gemeldet, vorgestern wurde bei Jezierzany von einer österreichischen Patrouille ein russischer Aeroplan herabgeschossen. Die Flieger, der russische Oberst Martinon und ein Kapitän, wurden gefangen genommen und nach Lemberg gebracht.
Der russische General Wannowski, der hier an den Folgen seiner Verwundung gestorben ist, übergab vor dem Tode alles Bargeld dem behandelnden Arzte für die Zwecke des österreichischen Roten Kreuzes.

Nach den letzten Nachrichten haben unsere Truppen in den Kämpfen um Krasnik 3000 Gefangene gemacht und drei Fahnen, zwanzig Geschütze und sieben bespannte Maschinengewehre erbeutet.

Eine hervorragende Waffentat der aus Honved-Kavallerie bestehenden fünften Kavallerie-Division wird nachträglich bekannt. Die Division hatte am 16. August die schwierige Aufgabe erhalten, die russische Grenzsicherung am Sbruz zu durchbrechen, um festzustellen, ob sich dahinter stärkere Kräfte befänden. Bei Satanow gelang die Erzwingung des Übergangs und der Einbruch in russisches Gebiet. Die Kavallerie stieß südwestlich von Kuzmin auf überlegene feindliche Kavallerie, die von Infanterie unterstützt wurde. Der Feind wurde trotzdem von den Ungarn in die Flucht getrieben. Die Verfolgung kam erst am nächsten Abschnitt des Swetriz-Baches zum Stillstand, wo sich bei Gorodek russische Verstärkungen festgesetzt hatten. Obwohl ein Angriff nicht Sache der Reiterei war, griffen die Honveds doch den Feind in seiner befestigten Stellung an, wobei sie größere Verluste erlitten. Der Kampf bewies, daß in dieser Gegend sich stärkere russische Kräfte befanden. Nach der Lösung ihrer Aufgabe quartierte sich die Division bei Satanow ein. Nachts überfielen die Ortsbewohner, vermutlich verstärkt durch versteckte Soldaten, die schlafenden Honveds, von denen eine Anzahl getötet wurden. Daraufhin wurde der Ort strafweise niedergebrannt. Nach dem Vorfall sammelte sich die Honved-Division wieder vollkommen schlagfertig. Eine genaue Angabe der Verluste während des Vorstoßes und infolge des Überfalls ist noch nicht möglich, da sich einige kleinere Abteilungen und einzelne Reiter erst auf einem weiten Umweg dem Gros anschließen können.


Österreich-Ungarn erklärt den Krieg an Belgien

Wien, 27. August
Österreich-Ungarn hat heute früh Belgien den Krieg erklärt. Die Kriegserklärung wird damit begründet, daß Belgien mit den Feinden der Monarchie zusammen gegen das verbündete Deutschland kämpft und daß die belgische Bevölkerung unter Duldung der belgischen Behörden Unmenschlichkeiten gegen österreichisch-ungarische Staatsangehörige beging, die auch dann unentschuldbar wären, wenn es sich um einen Staat handeln würde, mit dem der Kriegszustand besteht. Dem hiesigen belgischen Gesandten Grafen Dudzeele wurden heute die Pässe zugestellt. Der österreichische Gesandte Graf Clary befindet sich in Brüssel und wird telegraphisch aus Antwerpen seine Pässe verlangen.
Der hiesige japanische Botschafter hat heute Abend Wien mit einem Extrazug verlassen und sich nach Bern begeben, wo er als Gesandter beglaubigt ist. Die Briefpost und der private Telegrammverkehr nach Japan ist eingestellt.


Die Riesenschlacht in Galizien

Wien, 28. August
Die entscheidende Riesenschlacht ist in Galizien im Gange. Die allgemeine große russische Offensive richtet sich seit 26. August gegen Nord- und Ostgalizien im Gebiete zwischen Rawaruska, Zolkiew, Zloczow, Tarnopol und Stanislau, wo sie überall zu heftigen Kämpfen führte, die am 27. und 28. eine geschlossene Schlachtfront von 200 Kilometer umfassen, bei welcher Linie die Offensive der russischen Hauptarmee zum Stehen gebracht wurde. Der linke Flügel der österreichisch-ungarischen Hauptarmee dringt aus dem Raume Rawaruska-Zolkiew erfolgreich vor. Das Zentrum und der rechte Flügel sind bis an den Dnjestr in stehenden Kämpfen beschäftigt. Die linke Gruppe der österreichisch-ungarischen Flügelarmee ist östlich der Weichsel von Krasnik an in lebhaftem, weiterem Vorstoß auf Lublin begriffen und hat durch die siegreiche vorzeitige Offensive einen gleichzeitigen Vorstoß der russischen
Westarmee vereitelt und diese abgetrennt. Bei der Ausdehnung der Kampffront auf 400 Kilometer muß die Entscheidung länger ausstehen.

Die ziemlich gleichzeitige russische Massenoffensive gegen Ostpreußen und Ostgalizien beweist, daß der Beginn der russischen Mobilisierung mehrere Wochen früher begonnen hat, als russischerseits zugegeben worden ist. Hiermit ist der absolute Kriegswille Rußlands erwiesen. Trotzdem mißlangen alle gewaltsamen Einbruchsversuche großer russischer Kavalleriemassen, und selbst die russische Hauptarmee stieß beim Vorrücken über Brody und Sbrutschfluß bald auf die schlagbereit versammelten österreichisch-ungarischen Armeen. Der unerwartet rasch geführte Vorstoß der linken Gruppe der österreichischen Armee nach Lublin störte erheblich die Geschlossenheit der russischen Überflutung. Andererseits gibt die lange bezweifelte russische Offensive den österreichisch-ungarischen Heeren die Aussicht auf eine frühere Entscheidung. Der heute beginnende Kampf erfolgt nördlich und östlich von Lemberg bis Ilozlw. Er ist taktisch sehr wertvoll, da im Südosten bis zum Dnjestrfluß ein günstigeres Gelände ist, um auch gegen überlegene russische Kräfte vorzugehen. Vermutlich operiert gegen Galizien überhaupt der Großteil der gesamten russischen Armeen.

Tausende Gefangene am russischen Kriegsschauplatz

Wien, 30. August
Die Schlachten auf dem russischen Kriegsschauplatz dauern noch mit ungeminderter Heftigkeit fort. Östlich unserer trotz mehrfacher befestigter Stellung des Feindes unaufhaltsam gegen Lublin vordringenden Armee begannen unsere zwischen Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August den Angriff auf die aus dem Raume von Cholm entgegengerückte starke russische Armee. Hieraus entwickelten sich nach der Schlacht von Krasnik weitere hartnäckige, für unsere angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe bei Samostje sowie nördlich und östlich von Tomaszow, in welche am 28. August die aus dem Raume von Belz nun gleichfalls auf russischen Boden vordringende Gruppe unserer Streitkräfte erfolgreich eingriff. In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten von Krasnik Tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit hervorragender Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke und überlegene feindliche Kräfte.
Auf dem südlichen Kriegsschauplatz haben in der letzten Zeit keine nennenswerten Kämpfe stattgefunden.

Dem "Neuen Wiener Tagblatt" zufolge gelang drei Zügen des Infanterie-Regiments Nr. 72 ein rascher Frontalangriff, bei welchem zwei russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470 Mann gefangengenommen wurden. - Generalstabshauptmann Roßmann ist mit seinem Flugzeug abgestürzt und getötet worden. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlicht gerade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

 



 

zurück zur Homepage

weiter