Österreichischer Heeresbericht über die
Ereignisse an der italienischen Front im November 1916:
Wien, 1. November
Auf
dem Südflügel der küstenländischen Front steigerte sich im
Laufe des gestrigen Tages das feindliche Artillerie- und
Minenfeuer wieder zu großer Kraft. Von 3 Uhr nachmittags an
begann feindliche Infanterie im Wippachtale und auf der
KarsthochfIäche gegen unsere Stellungen vorzufühlen. Wo sie
unsere zerschossenen Gräben für sturmreif hielt, setzte sie
auch zu Angriffen an, die jedoch durch Sperrfeuer oder durch
Gegenstoß abgeschlagen wurden. Abends flaute das Feuer ab,
setzte jedoch nachts erneut mit großer Heftigkeit ein.
Italienische Flieger warfen auf Duttoulo, Sesana und Miramar
zahlreiche Bomben ab, ohne nennenswerten Schaden zu verursachen.
Hauptmann Schünzel schoß über der Bucht von Panzano einen
Caproni ab.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 2. November
Im
Görzischen hat eine italienische Offensive begonnen. Die zweite
und dritte italienische Armee, die seit den letzten großen
Kämpfen durch frische Truppen ergänzt wurden, griffen abwärts
Görz an. Der erste allgemeine Ansturm ist dank dem Heldenmut
unserer Truppen abgeschlagen. Nachdem sich das starke feindliche
Feuer im Laufe des Vormittags zu außerordentlicher Heftigkeit
gesteigert hatte, stürmte die feindliche Infanterie um Mittag
los. Im Wippachtale sollten die Höhen östlich der Vertojbica um
jeden Preis genommen werden. Sieben feindliche Brigaden, auf
engem Raum angesetzt, wurden hier restlos abgewiesen. Auf dem
Nordteil der Karsthochfläche setzte bald nach 11 Uhr vormittags
ein Massenstoß italienischer Infanterie ein, der zunächst über
unsere zerschossenen vordersten Linien Raum gewann. Die umfassend
angesetzten Gegenangriffe unserer tapferen Truppen warfen die
Italiener wieder zurück, doch blieb Lokvica in Feindeshand. Acht
italienische Divisionen waren an diesem Stoß beteiligt. Im
Südteil der Hochfläche behaupteten wir trotz wütender Angriffe
alle Stellungen. An dem Erfolge des gestrigen Schlachttages haben
das Krainer Landwehrinfanterieregiment Nr. 27 und das bewährte
westgalizische Landsturminfanterieregiment Nr. 32 hervorragenden
Anteil. Sie wiesen feindliche Angriffe stehend ab und behaupteten
sich gegen größte Übermacht. Auch die Regimenter Nr. 41 und
Nr. 11 verdienen alles Lob. Wir haben über 1000 Mann gefangen
und 7 Maschinengewehre erbeutet.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Ereignisse zur See:
Am 1.
November abends haben mehrere unserer Seeflugzeuggeschwader
Cervignano, Sa. Giorgio di Nagaro, Pieris, Grado und die
Adriawerke bei Monfalcone sehr wirkungsvoll angegriffen. Es
wurden zahlreiche Volltreffer in den militärischen Objekten und
Bahnanlagen der genannten Orte sowie in einer Halle der
Flugstation Grado erzielt.
Flottenkommando.
Wien, 3. November
An der
Schlachtfront im Küstenlande wurde auch gestern mit größter
Erbitterung gekämpft. Unter ungeheurem Aufwande von Menschen und
Munition setzten die Italiener ihre Angriffe fort. Im Wippachtale
waren unsere Stellungen im Panowitzer Walde bei Sober und
östlich Vertojba erneut das Ziel wütender Angriffe. Überall
konnte der Gegner zurückgeworfen werden. Das Gyulaer
Landsturmregiment Nr. 2 und das dalmatinische
Landwehrinfanterieregiment Nr. 23 hielten zähesten Widerstand.
Auf der Karsthochfläche wurde im Raum um Lokvica ein neuer
italienischer Massenstoß, der über die Höhe Pecinka und
entlang der Straße nach Kostanjevica angesetzt war, unter
schwersten Verlusten des Feindes zum Stehen gebracht. Zwei
hierbei bis zum Äußersten ausharrende Batterien fielen, als
Mann und Pferd überwältigt waren, in Feindeshand. Im südlichen
Teile der Hochfläche brachen vor der Front des tapferen
österreichischen Landsturmregiments Nr. 32 und der
Infanterieregimenter Nr. 15 und 98 alle feindlichen Angriffe
zusammen. Die Zahl der gefangenen Italiener ist auf 2200 Mann
gestiegen.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Ereignisse zur See:
Am 2.
vormittags hat ein Seeflugzeuggeschwader Semaphorstation und
Kohlenlager von Vieste und Radiostation und Lagerhaus von Torre
Porticello erfolgreich mit Bomben belegt. Abends griff ein
Seeflugzeuggeschwader die Bahnhofsanlagen von Ronchi, die
militärischen Anlagen von Selz, Doberdo, Staranzano und die
Batterie Golametta an. Es wurden viele Treffer erzielt.
Wien, 4. November
Nach
den schweren Kämpfen des 1. und 2. Novembers verlief der
Vormittag des 3. an der Schlachtfront des Küstenlandes ohne
größere Kampfhandlung, am Nachmittag nahm jedoch die
Angriffstätigkeit der Italiener wieder zu. Auf dem Karst wurden
wiederholte Ansätze zu Angriffen durch unser Sperrfeuer
niedergehalten. Der Feind konnte trotz zahlloser Versuche
nirgends Raum gewinnen.
Im Wippach-Tale stießen abends starke feindliche Kräfte bis in
unsere Stellungen zwischen Vertojba und Bialia vor. Durch
Gegenangriff wurden kurz darauf alle Gräben von den Unsrigen
wieder zurückgewonnen. Vor den Hindernissen von Sv. Katarina und
Dember verbluteten mehrere Bersaglieribataillone in erfolglosen
Angriffen. Die Zahl der seit 1. November gemachten Gefangenen ist
auf 3500 gestiegen.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Ereignisse zur See:
Am 3.
November abends belegte ein Seeflugzeuggeschwader die
militärischen Objekte von San Canziano, Monfalcone und die
Adriawerke ausgiebig mit Bomben.
Flottenkommando.
Wien, 5. November
Auf
dem Karste richteten die Italiener gestern ihre
Hauptanstrengungen gegen unsere Stellungen im südlichen Teile
der Hochfläche. Diesmal war der Raum von Jamiano der Brennpunkt
des Kampfes. Unsere dortigen Gräben wurden von früh an unter
lebhaftem Feuer gehalten, das jedesmal vor dem Vorgehen der
Infanterie an Stärke zunahm. Alle Angriffe, ganz besonders aber
der letzte, der noch um 8 Uhr nachmittags versucht wurde, brachen
unter den schwersten Feindesverlusten vor unseren Linien
zusammen.
An den anderen Teilen der Schlachtfront dauert der
Artilleriekampf mit ungeschwächter Kraft fort.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 6. November
Im
Küstenlande hat die Angriffstätigkeit der Italiener bedeutend
nachgelassen. Dem Masseneinsatz der Infanterie entsprechend,
waren ihre Verluste in den letzten Schlachttagen außerordentlich
schwer. Gestern war das Artilleriefeuer nur bei Biglia, Hudi Log
und westlich Jamniano lebhafter. Bei Biglia wurde vorgehende
feindliche Infanterie durch Feuer abgewiesen.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 7. November
Im
Wippachtale und auf dem Karst kam es gestern zu keinen größeren
Kämpfen. Die Lage ist unverändert. Die Italiener verhielten
sich ruhig. Ihr groß angelegter Angriff der ersten Novembertage
ist mißlungen.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Triest, 7. November
Linienschiffsleutnant
Gustav Klasing, einer der erfolgreichsten
österreichisch-ungarischen Fliegeroffiziere, hat gestern den
Heldentod gefunden. Klasing hatte am 8. Juni 1915 das
italienische Luftschiff "Citta di Ferrara" vom
Marineflugzeug "L 48" aus in Brand geschossen und
vernichtet.
Wien, 8. November
Die
Ruhe im Görzischen hält an. An der Fleimstalfront wurden
Angriffe einzelner italienischer Bataillone im Colbricon-Gebiet
und an der Bocchestellung abgewiesen. 3 Offiziere, 500 Mann und 2
Maschinengewehre fielen hierbei in unsere Hände.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Ereignisse zur See:
Am 7.
d. M. nachmittags haben feindliche Flieger auf die Städte
Rovigno, Parenzo und Citta Nuova Bomben abgeworfen. Es wurde
nicht der geringste Sachschaden angerichtet und niemand verletzt.
Eigene Flugzeuge stiegen zur Verfolgung auf. Eines derselben,
Führer Linienschiffsleutnant Drakulic, schoß einen feindlichen
Flieger ab, der bei in hoher See befindlichen feindlichen
Torpedofahrzeugen niederging. Diese wurden von unseren Flugzeugen
mit Bomben angegriffen und entfernten sich gegen die feindliche
Küste. Am Abend des gleichen Tages warf ein feindlicher Flieger
gleichfalls erfolglos Bomben bei Umago ab. Eigene Seeflugzeuge
bewarfen abends die militärischen Objekte von Vremigliano und
Monfalcone sehr wirkungsvoll mit Bomben und kehrten unbeschädigt
zurück.
Flottenkommando.
Wien, 9. - 11.
November
Die
Lage ist unverändert.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 12. November
Die
Lage ist unverändert.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Ereignisse zur See:
Unsere
Seeflugzeuge haben in der Nacht vom 11. auf den 12. Padua
angegriffen und mit schweren Bomben Volltreffer im
Militärkommandogebäude, Bahnhof und Infanteriekaserne erzielt;
in letzterer sowie in der Stadt Brände erzeugt, die noch auf 40
Kilometer sichtbar waren. Trotz heftiger Beschießung und
ungünstiger Witterung kehrten die Flugzeuge unversehrt
zurück.
Flottenkommando.
Wien, 13. November
Nichts
von Belang.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Ereignisse zur See:
In der
Nacht vom 12. auf den 13. belegten unsere Seeflugzeuge die
Fabrikanlagen von Ponte Lagoscuro und die Bahnanlagen von Ravenna
mit Bomben. Die Wirkung war verheerend. In ersterem Orte wurden
Volltreffer in zwei Zuckerraffinerien, bei der
Schwefelraffinerie, im Elektrizitätswerk und auf der
Eisenbahnbrücke erzielt und mehrere Brände beobachtet. In
Ravenna wurde das Bahnhofsgebäude voll getroffen. Unsere
Flugzeuge sind unversehrt eingerückt.
Flottenkommando.
Wien, 14. November
Nichts
von Belang.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Ereignisse
zur See:
In der
Nacht vom 13. auf den 14. laufenden Monats hat eines unserer
Seeflugzeuggeschwader militärische Objekte von Doberdo und das
feindliche Abwehrflugfeld von Beligna mit Spreng- und Brandbomben
sehr wirkungsvoll belegt. Mehrere Hangars wurden voll getroffen
und ein großer Brand erzeugt. Trotz heftiger Beschießung
kehrten alle Flugzeuge unversehrt zurück.
Flottenkommando.
Wien, 15. November
Die
Lage ist unverändert. Östlich von Görz nahmen unsere Truppen
einen italienischen Graben, machten 5 Offiziere, 75 Mann zu
Gefangenen und erbeuteten 7 Maschinengewehre.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Ereignisse zur See:
In den
frühen Morgenstunden des 14. Novembers griff eines unserer
Seeflugzeuggeschwader die feindlichen Stellungen von Ronchi,
Vermegiana und Doberdo sehr erfolgreich mit Bomben an. Ein
feindliches, das Geschwader angreifendes Landflugzeug, wurde in
die Flucht gejagt.
Flottenkommando.
Wien, 16. November
Die
gestern gemeldete Unternehmung östlich von Görz fortsetzend,
eroberten unsere Truppen wieder einen feindlichen Graben, nahmen
60 Italiener gefangen und erbeuteten 2 Maschinengewehre.
Eines unserer Flugzeuggeschwader belegte die militärischen
Anlagen bei der Station Per La Carnia ausgiebig mit Bomben.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 17. und 18.
November
Keine
besonderen Ereignisse.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 19. November
Im
Wippachtal südlich von Biglia wurde ein italienischer Graben
genommen und besetzt. 4 Offiziere, 120 Mann gefangen.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 20. November
Keinerlei
Ereignisse von Bedeutung.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Kaiser
Franz Josef gestorben
Wien,
21. November
Eine
Extraausgabe der "Kaiserlich Wiener Zeitung"
meldet: Seine k. und k. Apostolische Majestät Kaiser Franz
Josef I. sind heute, 21. November, 9 Uhr abends, im Schloß
Schönbrunn sanft im Herrn entschlafen.
Wien, 21. November
Ein
tiefgegliederter Gegenangriff auf den von unseren Truppen
unlängst eroberten Graben südlich von Biglia wurde abgewiesen.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant
Wien, 22. und 23.
November
Keinerlei
Ereignisse von Bedeutung.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 24. November
Nach
Besserung der äußerst ungünstigen Witterung der letzten Woche
hat der Artilleriekampf in mehreren Abschnitten, insbesondere auf
der Karsthochfläche, wieder begonnen, ohne sich jedoch bisher zu
größerer Heftigkeit zu steigern.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 25. November
Ein
starkes Fliegergeschwader warf auf den Bahnhof und die
feindlichen Lager von Primolano zahlreiche Bomben mit guter
Wirkung ab. Alle Flugzeuge kehrten trotz heftigen Abwehrfeuers
und schwerer Böen unversehrt zurück.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 26. November
Auf
der Karsthochfläche war der Geschützkampf zeitweise etwas
lebhafter. Im Kärntner Grenzgebiete beschoß die feindliche
Artillerie einzelne Ortschaften. Eins unserer Flugzeuggeschwader
warf auf die Bahnanlagen und Baracken von Tolmezzo Bomben ab.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 27. - 29.
November
Keine
Ereignisse.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 30. November
Östlich
von Görz und auf der Karsthochfläche war der Artilleriekampf
zeitweise sehr lebhaft. In Rumänien verlaufen die Operationen
planmäßig. Die Karpathenschlacht dauert an. Immer wieder rennen
die Russen gegen unsere Linien Sturm. Verluste des Feindes, der
nirgends durchdringt, sind außergewöhnlich groß. An der Zlota
Lipa schlugen ottomanische Truppen einen Vorstoß ab.
Der
Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.