Österreichischer Heeresbericht über die Ereignisse an der Ostfront im Jänner 1915:

Russische Angriffe in Galizien abgewiesen

Wien, 1. Jänner
Die Kämpfe in den Karpathen und in der Bukowina dauern an. Sie führten gestern zu keiner Änderung der Situation.
Am Biala-Abschnitt, südlich Tarnow, wurden tagsüber und während der Nacht wiederholte feindliche Angriffe unter schweren Verlusten des Gegners abgewiesen. Unsere Truppen machten hierbei zweitausend Gefangene und erbeuteten sechs Maschinengewehre. Nördlich der Weichsel behindert andauernd starker Nebel die Gefechtstätigkeit. Es herrscht daher teils Ruhe, teils werden kleinere Fortschritte gemacht.
Am südlichen Kriegsschauplatz hat sich nichts ereignet.


Erstürmung einer Höhe bei Gorlice

Wien, 3. Jänner
Die abermaligen Versuche des Feindes, unsere Schlachtfront westlich und nordwestlich Gorlice zu durchbrechen, scheiterten wieder unter schweren Verlusten des Gegners. Während dieser Kämpfe die den ganzen Tag andauerten, wurde eine vielumstrittene Höhe südlich Gorlice von unseren Truppen im Sturme genommen, ein feindliches Bataillon niedergemacht, ein Stabsoffizier, vier Subalternoffiziere und achthundertfünfzig Mann gefangen, zwei Maschinengewehre erbeutet. Auch ein Aeroplan des Gegners, der herabgeschossen wurde, gehört zur Siegesbeute.
An der übrigen Front keine Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Kämpfe in Galizien

Wien, 4. Jänner
In den hartnäckigen Kämpfen im Raume südlich Gorlice, die sich unter den schwierigsten Witterungsverhältnissen abspielten, sicherten sich unsere braven Truppen durch Besitznahme einer wichtigen Höhenlinie eine günstige Basis für die weiteren Ereignisse.
In den Karpathen keine Veränderung;  im oberen Ungtale nur kleinere Gefechte.
Während der Kämpfe der Weihnachtszeit wurden am nördlichen Kriegsschauplatz 37 Offiziere und 12698 Mann gefangen.


Der Gebirgskampf in den Karpathen

Wien, 6. Jänner
Die nun schon mehrere Monate mit wechselndem Erfolg geführten Gefechte im karpathischen Waldgebirge dauern an; sie charakterisieren sich als Unternehmungen kleineren Stiles in oft weitgetrennten, einsamen Tälern. In den letzten Tagen durch Eintreffen von Ergänzungen verstärkt, versucht der Feind, in einzelnen Flußoberläufen durch Vorstöße Raum zu gewinnen. Westlich des Uzsoker Passes und in den Ostbeskiden herrscht Ruhe. An der Front nördlich und südlich der Weichsel gestern Geschützkampf.


Ein russischer Angriff in den Ostbeskiden abgeschlagen

Wien, 8. Jänner
In den Ostbeskiden wurde ein über die Höhen östlich Czeremcha von starken russischen Kräften angesetzter Vorstoß durch Gegenangriff weit zurückgeschlagen, hierbei 400 Gefangene, drei Maschinengewehre eingebracht.
Am südlichen Kriegsschauplatz scheiterte ein Nachtangriff auf unsere Vorpostenlinie bei Avtovac vollkommen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Missglückte Vorstöße der Russen in Galizien

Wien, 10. Jänner
Südlich der Weichsel beschossen die Russen gestern unsere Stellungen ohne jeden Erfolg. Sie richteten ihr Feuer namentlich gegen eine von uns besetzte Höhe nordöstlich Zakliczyn. 
Nördlich der Weichsel stellenweise heftiger Geschützkampf. Ein Versuch des Gegners, mit schwächeren Kräften die Nida zu passieren, mißlang.
In den Karpathen herrscht Ruhe. Zwei Aufklärungsdetachements des Feindes, die sich in der Bukowina zu nahe an unsere Vorpostenlinie heranwagten, wurden durch Artillerie- und Maschinengewehrfeuer zersprengt. 
Am südlichen Kriegsschauplatz kurzer Geschützkampf bei den östlich Trebinje bis an die Grenze vorgeschobenen eigenen Stellungen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Rusische Angriffe an der Nida abgewiesen

Wien, 11. Jänner
Die Situation ist unverändert. In Russisch-Polen an der unteren Nida gestern hartnäckige Kämpfe. Hier gingen die Russen zum Angriff über und versuchten an mehreren Stellen mit bedeutenderen Kräften die Flußniederung zu passieren. Sie wurden jedoch unter starken Verlusten überall abgewiesen. Während dieser Infanteriekämpfe an den Nachbarabschnitten heftiger Geschützkampf, der mehrere Stunden hindurch anhielt.
An den übrigen Fronten hat sich nichts Wesentliches ereignet. Einer unserer tätigen Aufklärungspatrouillen gelang es gestern nacht, die feindliche Stellung zu durchbrechen, in den dahintergelegenen Ort einzudringen und bis zur Wohnung des feindlichen Regimentskommandanten vorzustoßen. Von dieser kühnen Unternehmung kehrte die Patrouille mit einem Offizier und sechs Mann Gefangenen zurück.
Da neuerdings festgestellt wurde, daß sich Angehörige der russischen Armee österreichisch - ungarischer Uniformen bedienen, um Patrouillen und kleinere Abteilungen zu überfallen, wird nochmals betont, daß Offiziere und Mannschaften des Feindes wegen dieser Art, die Gesetze und Gebräuche im Landkrieg verletzt, nicht als Kriegführende behandelt werden.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Geschützkampf am Dunajec

Wien, 15. Jänner
Während an der Front in Russisch-Polen nur stellenweise Geschütz- und Maschinengewehrfeuer einsetzte, war gestern am Dunajec heftigerer Geschützkampf im Gange. Besonders unsere schwere Artillerie wirkte gut. Sie schoß ein großes Magazin des Gegners in Brand und brachte nach einigen Schüssen eine seit mehreren Tagen gut placierte feindliche schwere Batterie zum Schweigen.
In den Karpathen herrscht Ruhe. Zunehmender Frost beeinflußt die Gefechtstätigkeit.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Russische Schlappe östlich Zakliczyn

Wien, 18. Jänner
Nördlich der Weichsel keine wesentlichen Ereignisse.
Auf den Höhen östlich Zakliczyn zwang unsere Artillerie durch konzentrisches Feuer die Russen zum Verlassen einiger vorderster Schützenlinien. Die rückgängige Bewegung übertrug sich beim Feinde auch auf andere Teile der Front, so daß schließlich in einer Ausdehnung von sechs Kilometer der Gegner seine vorderste Stellung räumte, in unserem wirkungsvollsten Artillerie- und Maschinengewehrfeuer in Unordnung auf die nächsten Höhenlinien zurückging, hierbei zahlreiche Gewehre und viel Munition in der früheren Stellung zurücklassend.
An der übrigen Front in Westgalizien nur Geschützkampf.
In den Karpathen nur unbedeutende Patrouillengefechte. 

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Geschützkampf in Galizien

Wien, 22. Jänner
Nördlich der Weichsel entwickelte sich gestern  lebhafterer Geschützkampf; unsere Artillerie wirkte namentlich in dem südlichsten Nida-Abschnitt und bei Chenciny, wo der Bahnverkehr der Russen durch Volltreffer auf eine Eisenbahnstation empfindlich gestört wurde, mit besonderem Erfolge. Auch südlich der Weichsel an allen Teilen der Front Geschützkampf mit wechselnder Stärke.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Rückeroberung von Kirlibaba

Wien, 23. Jänner
In Polen, Westgalizien und in den Karpathen keine wesentlichen Ereignisse, stellenweise Geschützkampf, sonst Ruhe. Die wiederholten russischen Angriffe auf unsere Stellungen in der südlichen Bukowina endeten gestern mit der Wiedereroberung von Kirlibaba und der die Stadt beherrschenden Höhen durch unsere Truppen. Die Russen zogen sich unter schweren Verlusten zurück. Die Versuche des Gegners, über Jakobeny und Kirlibaba weiter Raum zu gewinnen, sind daher vollkommen gescheitert. 

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Russische Niederlagen in den Karpathen

Wien, 25. Jänner
In Polen und Galizien keine wesentlichen Ereignisse. Nur an der Nida hat lebhafter Geschützkampf stattgefunden. 
Die zur Wiedergewinnung der von uns eroberten Stellungen im oberen Ungtal und bei Vezerszallas angesetzten russischen Gegenangriffe wurden blutig abgewiesen. Ein Versuch des Gegners, bei Rapailowa durchzuringen, mißlang vollkommen. Der Feind zog sich über die Zielona zurück. 
Die Kämpfe der letzten zwei Tage brachten uns in den Karpathen 1050 Gefangene ein.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Rückeroberung des Uzsoker Passes

Wien, 27. Jänner
Im oberen Ungtale wurde gestern der Gegner aus seinen Stellungen auf den Grenzhöhen beiderseits des Uszoker Passes geworfen. Einer der wichtigsten Karpathenpässe, um dessen Besitz im Verlauf des Feldzuges schon oftmals erbittert gekämpft wurde, und der seit 1. Januar von den Russen besetzt, besonders stark befestigt und durch mehrere hintereinanderliegende gute Stellungen zäh verteidigt wurde, gelangte hierdurch nach dreitägigen Kämpfen wieder in unsern Besitz.
Nordwestlich des Uszoker Passes, sowie im Latorcza- und Nagy-Ag-Tale dauern die Kämpfe noch an.
In Westgalizien und in Polen infolge Schneegestöber nur mäßiger Artilleriekampf.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Die Vertreibung der Russen aus den Karpathen

Wien, 28. Jänner
Nunmehr ist das Nagy-Ag-Tal vom Gegner gesäubert. Der in dieses Tal bis in die Gegend nördlich Ökörmezö mit stärkeren Kräften eingedrungene Feind mußte gestern seine letzten, gut befestigten Stellungen aufgeben. Toronya wurde von uns genommen, in der Verfolgung Wyszkow erreicht, wo der Kampf gegen feindliche Nachhuten erneuert begann.
Auf den Höhen nördlich Vezerszallas und bei Volovec versuchten die Russen nach Einsetzen von Verstärkungen nochmals ihre verlorene Hauptstellung wiederzugewinnen. Sie wurden zurückgeschlagen und verloren hierbei 700 Gefangene und fünf Maschinengewehre.
An der übrigen Karpathenfront keine wesentliche Änderung der Situation. Östlich des Nagy-Ag-Tales herrscht Ruhe.
In Westgalizien und Polen Artilleriekämpfe und kleinere Aktionen. 

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Der Rückzug der Russen von den Karpathenpässen

Wien, 29. Jänner
Starker Schneefall ist eingetreten. In Westgalizien und Polen nur Rekognoszierungen, Patrouillengefechte und, wo es die momentanen Sichtverhältnisse zulassen, Artilleriekämpfe.
In den Karpathen wurden westlich des Uszoker Passes russische Angriffe unter schweren Verlusten des Gegners zurückgeschlagen. Bei Vezerszallas und Volovec sind die Kämpfe beendet, der Feind auf die Paßhöhen zurückgeworfen; neuerdings 400 Gefangene eingebracht.
In der Bukowina herrscht Ruhe.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


10.000 Russen in den Karpathen gefangengenommen

Wien, 30. Jänner
An der polnisch-galizischen Front herrscht, abgesehen von kurzen Geschützkämpfen, größtenteils Ruhe.
Die heftigen Kampfe der letzten Tage führten in den Karpathen zur Wiedereroberung der Paßhöhen. In den eine Woche andauernden schwierigen Aktionen haben die Truppen trotz ungünstiger Witterungsverhältnisse mit größter Ausdauer und Zähigkeit gekämpft, alle Terrainschwierigkeiten bei oft hoher Schneelage überwunden und hierdurch große Erfolge erzielt. Dem Feinde wurden in Summa 10000 Gefangene und sechs Maschinengewehre abgenommen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.


Der Geschützkampf in Polen und Galizien

Wien, 31. Jänner
Am Dunajec und an der Nida herrschte gestern auf beiden Seiten lebhafte Artillerietätigkeit. Unsere in letzter Zeit schon mehrere Male mit guter Wirkung feuernde Artillerie hatte auch gestern Erfolg. Der Feind räumte in heftigstem Feuer einige Schützengräben. Auch an der übrigen Front in Russisch -Polen war zeitweise Geschützkampf.
In den Karpathen verlief der Tag ruhiger. Im Waldgebirge wird noch um einige knapp nördlich der Paßhöhen liegende Stellungen gekämpft. 

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

 

 

 

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